EFGANİ DÖNMEZ Projektmanagement – Abgeordneter zum Nationalrat a.D.

Hey, Politik, wir müssen reden! Dringend!

Der folgende Kommentar stammt nicht von mir. Es lohnt sich trotzdem diesen zu lesen, da er viele Menschen in unserem Land aus der Seele spricht und die bedenklich, fatalen Entwicklungen auf den Punkt bringt. Letztendlich betrifft uns alle, hier der Text, welcher zum Nachdenken anregt:

In vielen westeuropäischen Demokratien ist in den letzten Jahren ein beunruhigender Trend zu beobachten. Politiker:innen entfernen sich zunehmend von der Lebensrealität jener Menschen, in deren Auftrag sie eigentlich handeln sollten. Wer politische Verantwortung übernimmt, tut das nicht, um über andere zu herrschen, sondern um ihnen zu dienen. Doch immer häufiger entsteht der Eindruck, dass sich Teile der politischen Klasse selbst als eine Art Elite verstehen, die „weiß, was gut ist“, während die Bevölkerung zu einem bloßen Störfaktor erklärt wird, wenn sie anderer Meinung ist.

Das ist nicht nur arrogant, sondern gefährlich für die Demokratie. Denn Demokratie lebt vom Vertrauen, vom Gefühl, dass politische Entscheidungen im Sinne der Mehrheit getroffen werden, nicht über deren Köpfe hinweg. Wenn dieses Vertrauen schwindet, wenn Bürger:innen das Gefühl bekommen, ihre Stimme zähle nicht mehr oder werde ignoriert, dann erodiert die demokratische Basis leise, aber stetig. Wer Kritik am politischen Kurs äußert, wird zu oft als „populistisch“ oder „gefährlich“ abgestempelt, anstatt ernst genommen zu werden. Doch wer die Sorgen und den Unmut der Bevölkerung mit Etiketten bekämpft, statt mit Argumenten, hat die Idee politischer Verantwortung nicht verstanden.

Politiker:innen sind keine Herrscher, sie sind Angestellte des Souveräns. Der Souverän, das sind die Menschen. Das sind die Steuerzahler:innen, die Wähler:innen, die Bürger:innen, deren alltägliche Arbeit das Fundament jedes Staatswesens bildet. Wer das vergisst, wer Bürger:innen wie ungezogene Kinder behandelt, die man anleiten müsse, verliert die moralische Legitimation, sie zu vertreten.

Erschwerend kommt hinzu, dass viele Regierungen in Europa auf Krisen – sei es Pandemie, Energiepreise, Migration oder Inflation – mit immer mehr Kontrolle und Regulierung reagieren, aber kaum mit Selbstreflexion. Fehler werden selten eingestanden, Verantwortung fast nie übernommen. Stattdessen wird auf Kommunikationsstrategien gesetzt, um Probleme wegzuerklären. Doch eine Bevölkerung, die Tag für Tag mit steigenden Lebenshaltungskosten, sinkender Kaufkraft und wachsender Unsicherheit konfrontiert ist, lässt sich auf Dauer nicht mit PR beruhigen.

Ehrlichkeit wäre ein erster Schritt. Eine Politik, die offen sagt: „Wir haben uns geirrt, wir müssen nachjustieren“, würde an Glaubwürdigkeit gewinnen. Stattdessen erleben wir oft das Gegenteil, nämlich eine Wagenburgmentalität, in der Kritik reflexartig als Angriff auf „die Demokratie“ selbst gedeutet wird.

In Wahrheit ist es genau andersrum. Demokratie wird niemals durch Kritik gefährdet, sondern durch ihre Abwesenheit.

Der Preis dieser Entwicklung ist hoch. Wenn politische Verantwortungsträger:innen den Kontakt zur Bevölkerung verlieren, suchen Menschen Alternativen, immer öfter auch außerhalb des etablierten Spektrums. Das ist kein Zeichen von Irrationalität, sondern ein Warnsignal. Wer das ignoriert und stattdessen auf moralische Überheblichkeit setzt, gießt Öl ins Feuer des Misstrauens.

Wer in der Politik steht, sollte Mut zur Selbstkritik haben. Es ist keine Schwäche, Fehler einzugestehen, es ist eine Stärke. Wer aber auf Dauer jede Verantwortung von sich weist und jede Unzufriedenheit als mangelndes Verständnis der Bürger:innen abtut, macht sich selbst überflüssig. Eine Demokratie lebt von der Fähigkeit ihrer Vertreter:innen, zuzuhören, zu korrigieren und zu dienen.

Politik ist kein Privileg, sondern ein Auftrag. Und wer diesem Auftrag nicht gerecht wird, sollte die Konsequenzen ziehen und nicht beleidigt auf Kritik reagieren. Denn die Wähler:innen sind nicht Untertanen. Sie sind der Grund, warum Demokratie überhaupt existiert.

Von Michael Holzhacker

Von Efgani Dönmez
EFGANİ DÖNMEZ Projektmanagement – Abgeordneter zum Nationalrat a.D.

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