EFGANİ DÖNMEZ Projektmanagement – Abgeordneter zum Nationalrat a.D.

Die türkische Religionsbehörde Diyanet zwischen Vision und Realität – Atatürks Republik und der heutige Machtmissbrauch – Ein Weckruf für Österreich im Zuge der Diskussion um das Kopftuchverbot

Als Mustafa Kemal Atatürk 1924 das Präsidium für Religionsangelegenheiten (Diyanet) gründete, war sein Ziel klar: Religion sollte nicht länger zur Ausbeutung und Machtsicherung missbraucht werden.

Drei Kernpunkte standen für Atatürk im Vordergrund:

– Beendigung der religiösen Ausbeutung,

– Ausbildung von Geistlichen, die mit der Republik im Einklang stehen,

– und Sicherung der Religionsfreiheit für alle Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von Religion oder Konfession.

Damit stellte Atatürk sicher, dass Religion ihren Platz in der Gesellschaft behält, aber nicht als politisches Instrument missbraucht wird. Die Diyanet sollte Hüter einer pluralistischen Religionslandschaft sein – nicht sein Lenker.

Heute ist von dieser Idee nur wenig übrig.

Wie viele Institutionen der jungen Republik wurde auch die Diyanet nach Atatürks Tod Schritt für Schritt politisiert. Aus einer neutralen Einrichtung wurde ein religiös-konfessionelles Instrument, das unter der AKP-Regierung zunehmend sunnitisch-wahhabitisch geprägt ist. Besonders Bürgerinnen und Bürger alevitischen und bektaschitischen Glaubens sind dadurch systematisch benachteiligt – ein Zustand, der der ursprünglichen Gründungsidee diametral widerspricht.

Nicht die Republik hat versagt, sondern die Politik.

Manche Kritiker machen heute die Republik für diese Entwicklung verantwortlich. Doch die eigentliche Ursache liegt nicht in den Gesetzen oder in der Verfassung, sondern bei Politikern, die Institutionen für eigene Zwecke umfunktionieren. Das gilt für die Diyanet ebenso wie für andere staatliche Strukturen.

Mit Bedauern muss jedoch festgestellt werden:

Nicht alle, die heute die AKP und ihre Politik kritisieren, tun dies aus gutem Willen. Es lassen sich drei Gruppen unterscheiden:

  1. Diejenigen, die Ursache und Wirkung erkennen können, Geschehnisse historisch richtig (und fair) bewerten und daraus korrekte Schlüsse ziehen. Diese Menschen haben meist auch zutreffende Prognosen.
  2. Diejenigen mit Wissensdefiziten, die von Manipulation und Kampagnen beeinflusst sind, kaum gelernt haben zu hinterfragen und daher falsche Gedanken (und Personen) fanatisch verteidigen – ein klassischer Fall von „Meinung ohne Wissen“ (Dunning-Kruger-Phänomen).
  3. Diejenigen, die ideologisch oder aus Eigeninteresse bewusst falsch argumentieren: Sie wissen es besser, vertreten aber absichtlich falsche Positionen, betreiben gezielte „Themenverschiebung“ und Meinungsmanipulation und treten mit einem „aufgeklärten“ Image auf, um die Gesellschaft bewusst in die Irre zu führen.

Kurz gesagt: Die zweite Gruppe ist eher harmlos und kann durch Bildung korrigiert werden. Die dritte Gruppe ist jedoch böswillig und nicht korrigierbar. Deren giftige Gedanken müssen daran gehindert werden, die Gesellschaft zu vergiften.

Die Debatte um eine „neue Verfassung“, die derzeit in der Türkei geführt wird, lenkt daher vom Kern des Problems ab: Gesetze allein schaffen keine Neutralität und keine Gerechtigkeit – nur eine Politik, die diese Werte respektiert, kann das tun.

Die Diyanet ist ein Symbol dafür, wie Atatürks Vision einer säkularen, modernen und pluralistischen Türkei unter politischen Machtinteressen deformiert wurde. Wer heute über Reformen nachdenkt, sollte die ursprüngliche Idee Atatürks ernst nehmen: Religion schützen, aber nicht instrumentalisieren – und die Institutionen der Republik vor parteipolitischem Zugriff bewahren. Ebenso wichtig ist ein kritischer Blick auf die Debattenkultur selbst: Nur wer informiert und fair argumentiert, kann zu einer echten Erneuerung beitragen.

Welche Lehren sollte das offizielle Österreich im Zuge der Kopftuchdiskussion an Schulen ziehen?

Ab 1937, als der Laizismus als Staatsprinzip in die türkische Verfassung aufgenommen wurde, galt dort ein Kopftuchverbot bis zum Ende des Gymnasiums, also bis zur Volljährigkeit. 2014 hat die islamistische Regierung in Ankara ein neues Gesetz erlassen, das das Kopftuch bereits nach der Volksschule mit zehn Jahren erlaubt. Durch solche Gesetze wurde und wird die laizistische Republik Türkei sukzessiv ausgehöhlt. Österreich sollte aus dieser Erfahrung Rückschlüsse ziehen. Dieser politisierte Glaube wurde in Österreich über hier ansässige Vereine, die als Religionsgemeinschaft anerkannt und eigentlich verlängerte Arme politischer Parteien aus der Türkei sind, nach Österreich importiert. Die Türkei als einmal stark säkulare Republik wurde mit religiösen Gesetzen infiltriert.

Ab 1980/1990 hat in Europa, insbesondere in Deutschland und Österreich ein Prozess begonnen, dass die Frauen keine normale Kopfbedeckung mehr wie noch meine Großmutter in Anatolien trugen, sondern jetzt ist da eine Unterbedeckung, noch eine Kopfbedeckung, ein langer Mantel, ein Hidschab usw. An dieser Bedeckungsart sieht man, dass das aus dem politisierten Glauben resultiert, den die Vereine, die in der Türkei gegen die säkulare Verfassung gekämpft haben und verboten wurden, nach Österreich gebracht haben. Genau die bekommen in Österreich und Deutschland als Religionsgemeinschaften durch den Staat besondere Unterstützung und Anerkennung, obwohl seit langem davor gewarnt wird. Sie versuchen das, was sie in der Türkei gemacht haben, auch hier umzusetzen mit kleinen Schritten, Kopftücher für Kleinkinder, Speisevorschriften für Großküchen, Ausnahmen vom Schwimmunterricht für Mädchen oder gesonderte Bereiche oder Zeiten im öffentlichen Bad für (muslimische) Frauen. Es beginnt mit türkischem Fernsehen und angeblichen türkischen Moscheen, die keine Moscheen sind, sondern politische Ideologie- und Parteizentren. Damit machen sie zuerst Druck auf Männer, dann auf Frauen und dann auf Kinder. Das in Österreich Höchstgerichte und die Richter als Erfüllungsgehilfen für die Implementierung einer islamistischen Agenda sich vor den Karren spannen lassen, ist sicherlich nicht einer Ahnungslosigkeit und Unwissenheit geschuldet oder einer falsch interpretierten Religionsfreiheit, da dort meist sehr gebildete Menschen urteilen, sondern dem Umstand, dass die Entsendung in diese Gremien noch immer von der Politik bestimmt wird. Mit Teilen der Kirche und der Politik sind bestimmte Parteien sowie Politiker dafür verantwortlich, dass diese islamistische Agenda in Österreich einen roten Teppich ausgerollt bekommen hat. Jetzt müssen wir die Kinder vor den Auswirkungen dieser Politik selbst in Österreich schützen, deswegen ist ein Kopftuchverbot für Kinder unter 14 Jahren eine absolute Notwendigkeit und dieses Kopftuchverbot sollte auch auf andere öffentliche Bereiche und Institutionen ausgeweitet werden.

Von Efgani Dönmez
EFGANİ DÖNMEZ Projektmanagement – Abgeordneter zum Nationalrat a.D.

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