Am 08.05.2023 wurde die von der Integrationsabteilung des Landes OÖ im Herbst 2019 in Auftrag gegebene Erhebung zu den Koranschulen in Oberösterreich einer breiteren Öffentlichkeit in Form einer wissenschaftlichen Studie vorgestellt. Auf die Inhalte dieser Studie möchte ich in diesem Beitrag kurz eingehen, weil diese in diesem Beitrag angeführten relevanten Argumente und Fakten in der Studie kaum bis gar nicht Eingang gefunden haben.
Zunächst muss man den politischen Entscheidungsträgern und den Studienautoren einen Dank aussprechen, dass nach 60 Jahren der Gastarbeiterzuwanderung (Raab-Olah-Abkommen von 1961) man endlich auf die Idee kommt, dieses Thema der Koranschulen in Oberösterreich sich etwas näher anzusehen. Das ist absolut begrüßenswert.
Herr Dr. Thomas Schlager-Weidinger als Studienleiter hat in seiner Publikation und Präsentation der Forschungsergebnisse mit keinem Wort erwähnt, dass er auf das Engste mit Ablegern der nationalistisch-islamistischen Milli Görüş befreundet ist und viele gemeinsame Projekte und Veranstaltungen absolviert hat. Allein dies wäre schon ein Grund genug, diese Studie als wissenschaftlicher Leiter nicht durchzuführen, weil es hier ein unübersehbares Naheverhältnis gibt, ein „conflict of interest“ bzw. eine Befangenheit würde man das Nennen und allein deswegen schon, sind die schaumgebremsten Ergebnisse dieser Präsentation/ dieser Erhebung äußerst kritisch zu betrachten.
Bemerkenswert ist ebenfalls, dass auf 290 Seiten man die handelnden Akteure in diesem Bereich mit kaum einer Silbe (bis auf eine Liste, welche von der IRG OÖ dem Forschungsteam zur Verfügung gestellt wurde; Seite 47-49) mit dem Namen und ihren reaktionären Werthaltungen erwähnt, unter dem sie in Oberösterreich/Österreich in Erscheinung treten und die Koranunterrichte abhalten.
Warum werden die Vereine und Verbände, welche diesen Unterricht anbieten nicht beim Namen genannt und deren Welthaltungen und Ideologie näher erläutert? Was sind die Gründe, warum die Ergebnisse verwässert und schaumgebremst publik gemacht werden? Warum wird hier die schützende Hand über diese Verbände gehalten und deren legalistisch-islamistische Ideologie nicht näher angeführt?
Diese nationalistisch-islamistischen Gruppierungen haben ab den 70er-Jahren in der Türkei genau mit der Implementierung dieser (Imam-Hatip) Koranschulen im Bildungssystem die Transformation einer gesamten Gesellschaft in die Wege geleitet. Wo heute die Türkei steht und viele andere islamische Länder, ist unübersehbar, und einer der Hauptgründe dafür war über das Bildungssystem, dass Koranschulen, wie die Imam-Hatip-Schulen, gegründet und von diesen reaktionären Islamverbänden betrieben worden sind. Vor allem von der nationalistisch-islamistischen Millî Görüş und/oder auch rechtsextremen Avrasya-Ableger sowie der Fethullah Gülen Bewegung. Ziel von Präsident Erdogan war/ist es eine tiefreligiöse Jugend und Gesellschaft heranzuziehen, diese Koranschulen waren und sind ein Instrument dafür.
Es ist per se kein Problem, dass Religionsgemeinschaften Schulen auch in Österreich betreiben, jedoch wird hier mit pädagogischen Mitteln die Religionsfreiheit missbraucht, um in Österreich reaktionäre Ansichten von islamistischen Strömungen über die Bildungsschiene salon- und gesellschaftsfähig zu machen.
Es findet eine schleichende Transformation einer Gesellschaft über die rückwärtsgewandte Exegese (Interpretation der Religion sowie Religionsauslegung) und eines strafenden Gottesbildes dieser reaktionären Gruppierungen statt. Genau dies ist für eine Gesellschaft Gift. Hier wird durch Ansichten, wie islamisch/nichtislamisch, rein/unrein, Frau/Mann, erlaubt/nicht erlaubt, usw. der Nährboden für Segregation aufbereitet, dies ist für ein friedliches und gutes Zusammenleben nicht dienlich und förderlich.
Ich habe selbst Kinder. Sie besuchen gemeinsam mit ihren Mitschülern die Schule und ich weiß und ich sehe, weil ich viel in den Schulen und in den Klassen bin, wie sich so etwas im Alltag auswirkt, und da rede ich noch nicht von den Koranschulen, was da vonstattengeht und welche Themen zum Thema gemacht werden und was manche der islamischen Religionspädagogen in die Köpfe der Kinder pflanzen (Bsp: Mädchen sind unrein, wenn sie ihre Regelperiode haben und dann dürfen sie dieses und jenes nicht machen, usw.)
Damit beginnt der schleichende Transformationsprozess einer Gesellschaft, welcher sich zuerst auf die muslimische Migranten-Community sich beschränkt und dann Einzug auf die gesamte Gesellschaft nimmt, insbesondere auf die in der Diaspora lebenden, organisierten Muslime.
Die Absolventen dieser Koranschulen sind in späterer Folge im Staatsdienst, in der Polizei, in der Richterschaft, im Militär, im Erziehungswesen, in der Verwaltung, in der Wirtschaft tätig, und unterwandern mit ihren Gedankengängen und Wertehaltungen eine Gesellschaft und den Staat, indem diese dann die inhaltliche und gesellschaftliche Diskussion und Entscheidungsprozesse mitbestimmen.
Wenn Sie meinen Ausführungen und mir persönlich keinen Glauben schenken, richten sie ihren Blick in die Türkei, studieren Sie die jüngere Geschichte der Türkei, schauen Sie sich an, welche Akteure, wie, wann, was über die pädagogische Schiene, vor allem mit der Etablierung und flächendeckenden Einführung der Imam-Hatip-Schulen begonnen haben, und wo heute die türkische Gesellschaft steht. Ein Blick in der Bilder-Google-Suchmaschie mit dem Begriff: Mustafa Kemal Atatürk Kadinlar und Recep Tayip Erdogan Kadinlar lässt auf einem Blick erkennen, wohin eine Gesellschaft sich innerhalb einer kurzen Zeit hin entwickelt, wenn über die Bildungsschiene unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit Missbrauch an einer Religion zugelassen wird.
Eine ehemals säkulare, aufgeklärte Gesellschaft ist heute ein religiöser Staat geworden. Und die Vertreter des politischen Islams arbeiten weiter daran, und es beschränkt sich nicht nur auf die Türkei als Herkunftsland, sondern wird auch über die Ableger in die Diaspora, dort wo es eine türkische, eine arabische, was auch immer, muslimische Minderheit gibt, transferiert. Und dann wundern wir uns, dass wir bestimmte Themen an den Schulen und Diskussionen in der Gesellschaft haben.
Wir sollten aufhören, den Leuten Sand in die Augen zu streuen und die Fehlentwicklungen zu verwässern. Wir müssen erkennen, welche Auswirkungen es für eine Gesellschaft hat und haben wird, wenn von Vertretern des politischen Islams, wie der Milli Görüs, Avrasya, ATIB & Co, Koranunterricht angeboten und durchgeführt wird, noch dazu mit ihren eigenen jeweiligen „Lehrmaterialen“.
Eines garantieren ich: Das ist für unsere Gesellschaft nicht förderlich, hat nichts mit Religionsfreiheit zu tun und es gehört eigentlich verboten, dass reaktionäre Gruppierungen einen Koranunterricht in Europa, insbesondere in Österreich abhalten dürfen, weil dort nicht ein Geist der Aufklärung herrscht, sondern ein rückwärtsgewandter.
Würden sich diese Koranschulen eines Gottesbildes, eines barmherzigen Gottes bedienen, einer Exegese, die sich den ethischen-humanistischen Prinzipien annähern und annehmen, wäre ich der Allererste, der hier diese Bemühungen und Aktivitäten aus ganzem Herzen unterstützen würde. Aber es passiert genau das Gegenteil.
Deswegen braucht da nichts schöngeredet und den Leuten hier Sand in die Augen gestreut werden. Für mich und für viele, viele andere Stimmen sind diese Koranschulen mit diesen reaktionär, nationalistisch-islamistischen Betreibern im Hintergrund eine absolute Gefahr und gehören weder in den Herkunftsländern und schon gar nicht bei uns in Europa und in Österreich salonfähig gemacht!