EFGANİ DÖNMEZ Projektmanagement – Abgeordneter zum Nationalrat a.D.

Skandal um Scheinuniversität erschüttert nicht nur die Türkei – Auch europäische Bildungseinrichtungen müssen reagieren

Ein neuer Bildungsskandal erschüttert die Türkei – und seine Auswirkungen reichen weit über deren Grenzen hinaus. Hakan Okçal, ehemaliger türkischer Botschafter in Skopje, hat brisante Enthüllungen über das „Internationale Balkan-Universität“ genannte Projekt in Nordmazedonien veröffentlicht. Diese Institution, so Okçal, sei von AKP-nahen Kreisen gegründet worden – finanziert mit Geldern, die unter anderem in den bekannten „Schuhkarton-Skandalen“ aus Korruptionsverfahren auftauchten.

Seine Vorwürfe:

  • Gründung mit illegalen Geldern – unter Beteiligung hochrangiger AKP-Politiker, darunter der frühere Premierminister Ahmet Davutoğlu und der damalige Forstminister Veysel Eroğlu.
  • Diplome ohne Prüfungen und ohne Anwesenheitspflicht – gegen Zahlung von Geld.
  • Frühzeitige Anerkennung durch den türkischen Hochschulrat (YÖK), noch bevor die Hochschule vollständig aufgebaut war.
  • Rekrutierung von Studenten über Touristenvisa – entgegen nordmazedonischem Recht, was zu Polizeirazzien und Festnahmen führte.

Ein Netzwerk zur Unterwanderung des Staatsapparats

Okçal beschreibt die Universität als reines Einfallstor, um AKP-treue Personen mit formalen, aber inhaltlich wertlosen Abschlüssen auszustatten und sie gezielt im öffentlichen Dienst zu platzieren – als Richter, Staatsanwälte, Beamte und Führungskräfte. Die Anerkennung durch den türkischen Hochschulrat sei dabei der Schlüssel gewesen, um diese „Absolventen“ rechtlich unangreifbar zu machen.

„Dieses System“, so der Ex-Botschafter, „hat nichts mit Bildung zu tun. Es ist ein politisches Instrument zur Besetzung staatlicher Strukturen mit loyalen Kadern, nicht mit qualifizierten Fachkräften.“

Bedeutung für Europa – Handlungsbedarf in der Nostrifizierung

Dieser Skandal betrifft nicht nur die Türkei. Denn viele der fragwürdigen Abschlüsse könnten auch in europäischen Staaten anerkannt worden sein – insbesondere in Ländern mit großen türkischen und balkanischen Communities wie Deutschland, Österreich, Belgien, den Niederlanden und Frankreich.

Es muss jetzt geklärt werden:

  • Wie viele Nostrifizierungsverfahren (Anerkennungen ausländischer Studienabschlüsse) wurden seit 2008 bis heute für Abschlüsse aus der Türkei und den betroffenen Balkanländern durchgeführt?
  • Wie viele dieser anerkannten Abschlüsse stammen aus Institutionen, die inzwischen wegen Unregelmäßigkeiten in der Kritik stehen?

Gefahr für Bildungssystem und Arbeitsmarkt

Sollten solche Scheinabschlüsse tatsächlich in europäischen Ländern anerkannt worden sein, drohen gravierende Folgen:

  • Gefährdung der Qualität im Bildungswesen
  • Unterwanderung von Schlüsselpositionen im öffentlichen Dienst
  • Erosion des Leistungs- und Loya­litätsprinzips

Universitäten und Fachhochschulen in ganz Europa stehen deshalb in der Pflicht, ihre Anerkennungsverfahren kritisch zu prüfen und sämtliche seit 2008 ausgestellten Anerkennungen aus Risikoländern zu überprüfen.

Der Fall zeigt, wie Bildung missbraucht werden kann, um politische Macht zu sichern und staatliche Strukturen zu kontrollieren. Wenn Titelkauf und Scheinuniversitäten nicht nur im Herkunftsland, sondern auch in der EU Wirkung entfalten, ist das nicht länger ein nationales Problem – sondern ein gesamteuropäischer Skandal.

Von Efgani Dönmez
EFGANİ DÖNMEZ Projektmanagement – Abgeordneter zum Nationalrat a.D.

Archiv

Kategorien

Schlagwörter-Wolke