Efgani Dönmez, oberösterreichischer Grünen-Bundesrat, über das Zu-viel-in-Gremien-Reden-Problem der Grünen und Migranten, denen man “auf die Finger klopfen muss”
Standard: Ihre Partei, die Grünen, bekommt beim Bundeskongress am 17. und 18. Jänner 2009 eine neue Parteichefin. Eva Glawischnig wird dann offiziell als Alexander Van der Bellens Nachfolgerin zur neuen Bundessprecherin gekürt. Welche politischen Änderungen erwarten Sie von der neuen Chefin?
Dönmez: Wir brauchen jetzt eine langsame Erneuerung, auch einen Imagewandel. Das Bild, das viele Wähler von den Grünen hat, stimmt längst nicht mehr. Wir sind keine Sozialromantiker im Strickpulli, die ohne Wenn und Aber für mehr Zuwanderung plädieren. Es braucht einen neuen Wind in der Partei. Unser Problem ist – wir haben gute Konzepte, diskutieren darüber aber viel zu sehr in den Gremien. Wir müssen näher zu den Bürgerinnen und Bürgern und unsere Inhalte leichter verständlich machen.
Standard: Setzt jetzt die vieldiskutierte, oft geforderte Verjüngung ein?
Dönmez: Hoffentlich. Aber es muss langsam gehen. Wie bei einem Regler. Die Älteren fahren zurück, die Jüngeren kommen hoch – und die Erfahrung bleibt.
Standard: Am Parteitag wird auch der Spitzenkandidat für die EU-Wahl nominiert. Ulrike Lunacek will Nummer eins sein. Bekommt Johannes Voggenhuber, der zuletzt Spitzenkandidat war, Ihre Stimme?
Dönmez: Ja. Er ist ein goscherter Hund, und das gefällt mir.
Standard: Im Asylrecht scheint “Mehr privat, weniger Staat” die Zukunft zu sein. Wie beurteilen Sie “Altfällen” den Ländern die Entscheidung überlässt?
Dönmez: Die Frau Innenminister versucht immer Härte zu demonstrieren und die ‚Eiserne Lady‘ zu geben, doch der Entwurf ist ein klares Zeichen von Schwäche. Das Problem wird nicht gelöst, sondern nur verlagert. Es ist idiotisch, mündige Erwachsene zu Unmündigen zu degradieren.
Standard: Würden sie eine der viel- diskutierten Patenschaften für betroffene Asylwerber übernehmen?
Dönmez: Nein, dieses Risiko würde ich nicht eingehen. Allein aus finanzieller Sicht. Ich kann es mir nicht leisten, für jemanden fünf Jahre eine Haftungserklärung zu unterschreiben. So was können nur wirklich betuchte Leute machen, und die müssen sich gründlich überlegen, worauf sie sich einlassen.
Standard: Von den Grünen kam rasch Kritik am “Bleiberecht Neu”. Wie sehen aber konkrete grüne Lösungsvorschläge aus?
Dönmez: Jene Asylwerber, die vor 2003 nach Österreich gekommen sind, unbescholten und integriert sind, sollen bleiben dürfen und einen Zugang zum Arbeitsmarkt erlangen. Alle anderen laufen durch das Asylverfahren. Fällt der Bescheid positiv aus, sollen sie ein ordentliches Integrationsprogramm bekommen. Wenn das Verfahren rechtskräftig negativ ist, müssen die Leute künftig rascher und ohne Ausnahmen rückgeführt werden.
Standard: Ein grüner Bundesrat plädiert für raschere Abschiebung?
Dönmez: Regelverstöße müssen Folgen haben. Jemand der unsere Demokratie oder unseren Rechtsstaat infrage stellt oder mit kriminellen Absichten zu uns kommt, ist inakzeptabel. Denen, die Mist bauen, müssen wir auf die Finger klopfen und sie in kürzester Zeit ausweisen.
Standard: Sie sorgten bei Ihrem Antritt als erster “Migrations-Bundesrat” mit Sagern wie „Imame brauchen eine entsprechende Ausbildung und dürfen keine Kameltreiber aus Anatolien sein” für Wirbel. Kritik kam damals vor allem aus den eigenen Reihen. Jetzt ist es auffallend ruhig um Sie. War der grüne Scharfmacher nur ein Strohfeuer?
Dönmez: Ich sehe mich nicht als Scharfmacher. Ich habe mit meinen Äußerungen Dinge angesprochen, die sich so noch keiner getraut hat zu sagen. Das hat für Irritationen gesorgt – auch innerhalb der Grünen. Das nehme ich zur Kenntnis, fahre aber trotzdem weiter meine Linie.
Standard: Einzelkämpfer sind in der Politik noch nie alt geworden.
Dönmez: Es gab ja auch viel Zustimmung. Außerdem bin ich zum Glück nicht von der Politik abhängig, darum lasse ich mir auch keinen Maulkorb umhängen.
Standard: Ihre künftige Parteichefin ortete jüngst in einem Zeitungsinterview bei den Grünen “einen Haufen Machos”. Beleidigt?
Dönmez (lacht): Wenn man darunter versteht, dass man als Grüner eine klare Linie hat und eine Richtung vorgibt, bin ich ein Macho. Warum soll man als Mann nicht auch mal ordentlich auf den Tisch hauen? Aber die Frauen in unserer Partei sind auf jeden Fall alle hoch engagiert und qualifiziert. Brüste zu haben reicht bei den Grünen nicht als Qualifikation. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, Printausgabe, 15.12.2008)