EFGANİ DÖNMEZ Projektmanagement – Abgeordneter zum Nationalrat a.D.

Die demographische Entwicklung und die Einbürgerungen der vergangenen Jahre werden einen Einfluss auf die politische Landschaft in Österreich haben

Wer die Gewinner und Verlierer bei dieser Verschiebung sein werden und welche gesellschaftspolitischen Verschiebungen bei ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne und den NEOS zu erwarten sind und welche neuen (Migranten)-Parteien entstehen könnten, wird in diesem Artikel näher beleuchtet.

Österreich hat eine Bevölkerungsanzahl mit Stand 01.01.2022 von insgesamt 8. 979 894, davon sind 1. 843 177 Menschen (17,7%) mit ausländischer Staatsbürgerschaft.

Bei den Zahlen der Menschen mit österreichischer Staatsbürgerschaft sind jene inbegriffen, welche nicht autochthone Österreicher sind, jedoch die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, somit insgesamt 7. 136 717.

Die Zahl der Einbürgerungen lag in den 1980er Jahren bei rund 7.800 Personen pro Jahr. Mit der stark steigenden Zahl in Österreich lebender ausländischer Staatsangehöriger erhöhten sich ab Mitte der 1990er Jahre auch die Einbürgerungszahlen stark. 1997 wurden knapp 16.000 eingebürgert, 1999 ca. 25.000 und im Jahr 2003 kamen fast 45.000 Neo-Österreicher*innen dazu. 2010 war jenes Jahr mit einer der niedrigsten Einbürgerungszahlen in der Höhe von 6.190 Personen in Österreich. Ab 2011 stieg die Rate der Einbürgerungen auf einem niedrigen Niveau von ca. 6.754 Personen jährlich bis 2016 an. 2017 erreichte die Einbürgerungsrate 9.271 Personen. 2018 wurden 9.450 Personen eingebürgert, 2019 wurden 10.606 Personen eingebürgert, 2020 wurden 8.996 Personen eingebürgert, 2021 wurden 16.171 Personen eingebürgert und 2022 wurden 20.606 Personen eingebürgert.

Dies ergibt eine Summe an Einbürgerungen, wenn man ab dem 1980 Jahr wegrechnet bis zum heutigen Zeitpunkt, laut den Aufzeichnungen der Statistik Austria:

1980’er Jahren bis 1990 die Summe der Einbürgerungszahl           78.000

1991 ca.                                                                                             11.000

1992 ca.                                                                                             11.000

1993 ca.                                                                                             16.000

1994 ca.                                                                                             16.270

1995 ca.                                                                                             15.000

1996 ca.                                                                                             16.200

1997 ca.                                                                                             16.000

1998 ca.                                                                                             17.000

1999 ca.                                                                                             25.000

2000 ca.                                                                                             24.500

2001 ca.                                                                                             24.500

2002 ca.                                                                                             45.000

2003 ca.                                                                                             45.000

2004 ca.                                                                                             42.000

2005 ca.                                                                                             35.000

2006 ca.                                                                                             14.000

2007 ca.                                                                                             12.000

2008 ca.                                                                                              8.000  

2009 ca.                                                                                              6.200

2010 ca.                                                                                             6.190

2011 ca.                                                                                             6.754

2012 ca.                                                                                             7.000

2013 ca.                                                                                             8.000

2014 ca.                                                                                             8.100

2015 ca.                                                                                             8.265

2016 ca.                                                                                              8.200

2017                                                                                                   9.271

2018                                                                                                   9.450

2019                                                                                                  10.606

2020                                                                                                  8.996

2021                                                                                                  16.171

2022                                                                                                  20.606

Summe der Einbürgerungen von 1980 bis 2022 in Ö                   605.279

Diese demographischen Realitäten haben einen Einfluss auf die politischen Parteien in Österreich und auf die thematischen Schwerpunkte und deren Netzwerkarbeit im politischen Alltag.

Es gibt schon seit längerem die politische Debatte darüber, insbesondere bzw. ausschließlich von linken Parteien, die Einbürgerungsvoraussetzungen aufzulockern. Was das für die Parteien bedeuten könnte und welche Parteien davon profitieren könnten und welche Parteien längerfristig Schwierigkeiten bekommen könnten sowie die Wahrscheinlichkeit sich in der Zukunft erhöhen wird, dass neue Parteien aus dieser Entwicklung heraus entstehen, wird in diesem Beitrag thematisiert.

Bevor wir uns der innerösterreichischen Situation widmen, möchte ich einen Blick auf die Politik der USA werfen, denn bestimmte politische Entwicklungen schlagen, zeitverzögert, jedoch in ähnlicher Form in Europa mit ähnlicher Intensität und Auswirkungen auf Land, Gesellschaft und die politische Diskussionskultur und deren Inhalte – auch in Österreich – auf. 

Die politischen Debatten in den USA verlaufen anhand einer „Rassifizierung“, damit ist gemeint, dass alles nur mehr aus dem Blickwinkel der Rasse, der Hautfarbe, dem Geschlecht und der sexuellen Orientierung thematisiert wird. 

In unseren europäischen Kontext übersetzt wird nicht die Rasse in den Vordergrund gestellt, da dies aufgrund der Geschichte einen problematischen Kontext hervorrufen würde, aber dafür bedienen wir uns der Unterscheidungsmerkmale von Ethnie, Religionszugehörigkeit und Migrationshintergrund.

Daraus resultiert, dass die inhaltliche (politische) Ausrichtung in den Hintergrund tritt, dafür aber die Herkunft in den Vordergrund. Es ist immer mehr zu beobachten, dass eine Politik unter dem Deckmantel der Toleranz und Offenheit betrieben wird, wo die inhaltliche (politische) Ausrichtung sekundär ist und von einer Politik für Minoritäten und Diversität, insbesondere von linken Parteien, verdrängt wird.

Beispiel SPÖ – Eine Mischung aus Kalkül und gefährlicher Naivität

Die SPÖ und manche ihrer führenden Politiker liefern die besten Beispiele für eine Politik der Widersprüchlichkeit. Zahlreiche diverse Publikationen belegen die Verquickung ranghoher SPÖ-Politiker, wie den Linzer Bürgermeister Klaus Luger oder den Wiener-Bürgermeister Michael Ludwig mit Personen und Ablegern aus dem nationalistisch-islamistischen Milieu. In der Türkei ein Islamist und Rechtsextremer und in Österreicher ein Sozialdemokrat. Dieser Drahtseilakt bringt nicht nur Teile der Partei ins Wanken, sondern auch die Wählerschaft, insbesondere die Arbeiter, welche sich von dieser Sozialdemokratie und Penthouse-Sozialisten weder abgeholt, noch verstanden und noch weniger vertreten fühlen. Die Wählerstromanalysen und die Wählerflüsse zwischen SPÖ und FPÖ belegen diesen Austausch.

In Anbetracht dieser Fakten kommt es der SPÖ sehr gelegen, dass man neue potenzielle Wählerschaften erschließt, denn in der Logik der Minderheitenpolitik und unter dem Deckmantel der Toleranz erhofft man mit der Lockerung beim Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft neues potenzielles Wählerklientel. 

Diese Rechnung wird auch kurzfristig aufgehen, denn die SPÖ bearbeitet seit den 1990’er Jahren sehr effektiv und erfolgreich die potenzielle Wählerschaft, ob in Österreich lebende Türken, Kroaten, Bosnier und Albaner. 

Ob die Personen und Gruppen, welche von Teilen der SPÖ umworben werden und durch die SPÖ eine politische Bühne bekommen, deren Werte und Haltungen vertreten, ist hierbei nebensächlich, da es um kurzfristig taktische Wählerstimmenmaximierung geht. 

Somit fungiert die SPÖ als Sammelbecken für reaktionäre Migranten, welche die SPÖ als Steigbügelhalter und Zwischenstation für die Gründung von eigenen Parteien benutzen. Die in Wien gegründete Partei SÖZ (Türkisch = Versprechen), welche als Liste unter dem Namen Bewegung Gemeinsam für Wien (GfW) hervorgegangen ist und deren so manche Akteure aus dem Umfeld der nationalistisch-islamistischen AKP und Milli Görüs Bewegung stammen, waren zuvor bei der SPÖ und deren nahestehenden Bewegungen umtriebig. Die Aussage des Referenten der SÖZ-Partei Herr Mag. Stephan Bartunek bringt oben beschriebenes Phänomen  auf den Punkt: „Eine SPÖ, die sich statt der sozialen Frage in den letzten Jahren hauptsächlich dem Kulturkampf gewidmet hat, wo Menschen mit Migrationshintergrund zwar zu Stimmenmaximierung benutzt, aber nach Wahlen rechts liegen gelassen werden ist für mich in den letzten Jahren zunehmend uninteressant geworden.“ Weiters führt Herr Mag. Bartunek aus: „Die Hoffnung die ich in die Partei „Die Grünen“ setzte wurde in den letzten Jahren durch ihre Identitätspolitik, die sich hauptsächlich an Rich-Kids richtete, spätestens aber seit ihrer Regierungsbeteiligung und dem Tausch von Grundwerten gegen Macht, endgültig begraben.”[1]

Die SPÖ muss sich um die Migranten mit tatsächlich sozialdemokratischer Gesinnung wenig bemühen, da aufgrund mangelnder Alternativen diesen sowieso nicht viel anderes übrigbleibt als die SPÖ zu wählen. Aufgrund mangelnder Organisation und politischen Optionen hat diese (tatsächliche sozialdemokratische) Migrantengruppe innerhalb der SPÖ kaum an politischem Gewicht und beeinflusst auch nicht die Ausrichtung der politischen Inhalte der SPÖ. Dieser Widersprüchlichkeit sind sich Strategen, wie der Linzer SPÖ Bürgermeister Luger und der Wiener Bürgermeister Ludwig voll im Klaren. Dementsprechend ausgerichtet ist auch deren Politik. Die islamistisch-nationalistisch orientierten Migranten, mit Unterstützung aus den Herkunftsländern und aufgebauten Netzwerken in Österreich, welche innerhalb kürzester Zeit effektiv Wählerstimmen lukrieren, werden den tatsächlich, authentischen ausländisch stämmigen Sozialdemokraten vorgezogen. 

Ein Blick auf die diversen Wahllisten und Vorzugsstimmen-Ergebnisse der SPÖ, wo Kandidaten mit Migrationshintergrund aus den Reihen der rechtsextremen Grauen Wölfe, AKP-Ablegern des türkischen Präsidenten Erdogan oder der islamistisch-nationalistischen Milli Görüs aufgestellt wurden, sind der beste Beleg dafür. 

Würde die SPÖ nicht diesen Schulterschluss mit diesen straff organisierten reaktionären Migrantengruppierungen tätigen, würde der SPÖ noch mehr an Wahlerstimmen verloren gehen. Die SPÖ als eine der mächtigsten Parteien in Österreich und vor allem die mächtigste Partei in Wien kann und wird es sich allein deswegen nicht leisten, islamistische Tendenzen und Fehlentwicklungen in der Integrationspolitik offen und ehrlich zu thematisieren. 

Was dabei herauskommt, erkennt man am Beispiel im politischen Umgang mit durch Islamisten geführte und mit Steuergeldern finanzierte Kindergärten in Wien. 

In Kombination mit bereits bestehenden bestens durchorganisierten reaktionären Netzwerken und langjährig aufgebauten Kontakten bei den genannten Migranten Communities profitiert bei einer Auflockerung der Voraussetzungen für die Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft primär die SPÖ. Daher aus Sicht der SPÖ, ist die Forderung nach Lockerung, welche unter Reform der Staatsbürgerschaft diskutiert und vom Wiener SPÖ-Bürgermeister Ludwig forciert wird, allzu verständlich und durchschaubar.

Beispiel ÖVP – Dilemma vorprogrammiert

Die politischen Mitbewerber der SPÖ, insbesondere die ÖVP, hat es komplett verschlafen und diesen gesellschaftspolitischen Faktor jahrzehntelang bewusst ignoriert, sich gegenüber den Neo-Österreicher*innen zu öffnen. 

Die ÖVP hat bisher kaum bis gar nicht dieses potenzielle Wählerklientel inhaltlich, personell und strategisch angesprochen und abgeholt. 

Von einzelnen Glücksrittern und um den persönlichen Vorteil bemühte Einzelakteure – ohne nachhaltige Auswirkung auf die inhaltliche und personelle Ausrichtung der Bundespartei – ausgenommen. 

Da hilft auch ein der ÖVP nahestehender Österreichischer Integrationsfonds (ÖIF) mit den unterschiedlichsten wertvollen Angeboten und Publikationen auch nichts. Würde man mit den Menschen auf Augenhöhe reden, welche die Kurse und Angebote absolvieren (müssen), wäre der Lack schnell ab. Es gehört zur österreichischen Tradition über Asylwerber und Ausländer zu reden, insbesondere von (Mitte) Rechtsparteien, statt auf Augenhöhe mit ihnen zu Reden und zu zuhören. Der ÖIF als Institution hat somit für die Bundes-ÖVP kaum Impact.

Diese mit Arroganz gepaarte Ignoranz gegenüber einer immer mehr an Bedeutung zunehmenden Gruppierung bei Wahlentscheidungen fällt der ÖVP mittlerweile auf den Kopf und zwingt einige wenige ÖVP’ler, welche über den Tellerrand in den ÖVP-Reihen hinausschauen, nun zu einem nicht ganz freiwilligen Umdenkprozess. 

Jedoch ist die ÖVP in einem strategischen Dilemma. Obwohl mit einem Integrationsministerium und Landesrat für Integration (in OÖ) ausgestattet, möchten Teile der ÖVP-Bundespartei, insbesondere einige hochrangige Beamte im Innenministerium, weiterhin den eingeschlagenen restriktiven Kurs in Fragen der Zuwanderung und Integration fortführen. 

Die dahinterstehende Logik liegt klar auf der Hand, den Wählerabfluss Richtung FPÖ damit zu bremsen. 

Andererseits gibt es in den Bundesländern Stimmen aus ÖVP nahen Institutionen und Gremien, wie der IV und WKÖ sowie Teilen der Kirche, dass ein Umdenken in Fragen der Migration & Integration längst überfällig und allein aufgrund der demografischen Entwicklung und dem Arbeitskräftemangel ein notwendiges Übel sei. Mit dem Rücken an der Wand, hirnlos und planlos, aber dafür mit viel Macht und eigenen Spezis in den staatlichen Strukturen ausgestattet, versucht die ÖVP nun einen Spagat hinzulegen. 

Öffnet sich die ÖVP den Bürger*innen mit Migrationshintergrund befürchtet man einen noch stärkeren Abgang beim konservativen Wählerklientel Richtung FPÖ. 43% der ÖVP-Wählerschaft ist 60 Jahre und älter. Öffnet man sich nicht neuen potenziellen Wählerschaften und das bisherige Wählerklientel stirbt weg, was dann? Der vorprogrammierte Wählerschwund ist somit eine mathematische Konstante.

Daher liegt die Botschaft für ÖVP nahe „Politikstrategen“ zum gegenwärtigen Zeitpunkt klar auf der Hand. Das Aussenden von unterschiedlichen Botschaften an die unterschiedliche Wählerschaft. Mit diesen Zugängen vergrämt man längerfristig die bisherige Kernwählerschaft und gewinnt kaum Menschen mit Migrationshintergrund für die ÖVP. Was würde die ÖVP brauchen? 

Einen innerparteilichen ehrlichen Dialog, wie man sich in der Migrations- und Integrationsfrage auf Höhe der Zeit, im Interesse Österreichs und des Wirtschaftsstandortes sowie des gesellschaftspolitischen Klimas im Land basierend auf den christlich-sozialen Fundamenten, neu positionieren sollte. 

Auf Bundesebene versucht die ÖVP härte im Bereich des Zuzugs und der Migration sowie den Leistungsgedanken bei der Integration in den Mittelpunkt zu stellen. Am Beispiel des vermeintlichen Kampfes gegen den politischen Islam hat die Bundes-ÖVP mit ihrer dilettantischen Vorgehensweise diese islamistischen Protagonisten (bewusst/unbewusst) massiv gestärkt, statt geschwächt. 

Auf Länderebene, wie in Niederösterreich und teilweise in Oberösterreich oder auch in Tirol fährt man eine andere Strategie. 

Da hofiert man reaktionäre Migranten und Personen aus dem Umfeld der nationalistisch-islamistischen Gruppierungen. Diese Scheinheiligkeit und Doppelbödigkeit kostet der ÖVP insgesamt sehr viel an Glaubwürdigkeit und beschleunigt den Prozess der Entfremdung bei der Kernwählerschaft, aber auch bei den potenziellen Neo-Österreichern, welche nicht im Einflussbereich der Herkunftsländer stehen.

Bei der Abschiebung von bestens integrierten jugendlichen Asylwerbern, welche in den Gemeinden und Betrieben eine Lehre begonnen hatten und benötigte Arbeitskräfte sind, demonstrierte die Bundes-ÖVP volle Härte und vergrämte damit Teile der Kirche und Bürger*innen, welche sich im Ort für ein gutes Miteinander eingesetzt haben, aber dass unsere Gefängnisse zu über 80% mit ausländischen Häftlingen besetzt sind und dies einer der Gründe für den defacto Kollaps der Justizvollzugsanstalten ist, dieses Faktum kehrt man wissentlich unter den Teppich, obwohl Innenministerium und Justizministerium lange Zeit in ÖVP Hand war. 

Mit dieser vermeintlich bauernschlauen Politik sollte die Bundes-ÖVP schleunigst aufräumen, wenn sie in Fragen der Integration und Migration ernstgenommen werden will. 

Gerade deswegen würde die ÖVP bei einer Auflockerung zur leichteren Erlangung der österr. Staatsbürgerschaft kaum bis keine potenziellen Wählerstimmen abholen können, wenn die parteiinterne, überfällige Neukalibrierung nicht stattfindet. 

Wenn die ÖVP es schafft, ihren Kopf aus dem Sand zu ziehen und erkennt, dass es in Österreich viele katholische Afrikaner, katholische Philippines, viele katholisch (orthodox)-religiöse Minoritäten mit traditionellen Werthaltungen und Gesellschaftsbildern sowie säkulare Muslime es gibt, dann könnten sie in diesem Lager auch mehr nach Stimmen fischen. 

FPÖ – Hart, aber ehrlich

Die Positionierung der FPÖ in Sachen Migration, Integration und Asyl ist bekannt. Dazu kann man stehen, wie man möchte, aber eines kann man der FPÖ sicherlich nicht vorwerfen. Eine doppelbödige Politik in diesen Fragen zu fahren. 

Bei der FPÖ weiß man schon vorher, was man auch nachher bekommt. Die FPÖ ist ein immer größer werdendes Sammelbecken für Protestwähler. Diese Protestwähler beschränken sich nicht nur auf autochthone Österreicher*innen, sondern zieht immer mehr wahlberechtigte Bürger*innen mit Migrationshintergrund an, denn gerade diese sind es, welche die wirtschaftlichen Auswirkungen bezüglich Teuerung, Inflation und prekäre Arbeitsverhältnisse sowie den Wettbewerb um Arbeitsplätze, sozialen Wohnraum und nach (sozialer) Herkunft segregierte Bildungseinrichtungen als erste zu spüren bekommen. 

Bisher hat sich die potenzielle Wählerklientel aus dem Bereich der Bürger*innen mit Migrationshintergrund bei der FPÖ primär auf serbisch-orthodoxe und einige Herkunftsländer mit christlicher Prägung, wie Rumänien, Kroatien, usw. beschränkt. 

Nicht wenige Menschen mit Migrationshintergrund erzählen, unter vorgehaltener Hand und zwar primär jene, welche zur ersten und zweiten Generation der Zugewanderten zuzurechnen sind, dass sie aus Protest auch die FPÖ wählen, weil selbst für Bürger*innen mit Migrationshintergrund, welche aus muslimisch geprägten Ländern stammen, das kokettieren der SPÖ und ÖVP mit Ablegern von islamistischen Strömungen, befremdlich ist und ihre Arbeitsplätze und Wohngegenden durch neu hinzugezogene (rückwärtsgewandte) Ausländer sich nicht zum besseren gewandelt haben. 

Bei einer gemäßigten Linie hinsichtlich der Integrations- und Migrationspolitik hat die FPÖ mittel bis längerfristig das Potenzial bisher nicht erreichte Bürger*innen mit Migrationshintergrund anzusprechen und abzuholen. 

Jedoch unter der Voraussetzung, dass nicht widersprüchliche Signale von einzelnen Funktionären der FPÖ, wie bei SPÖ und ÖVP, ausgesendet wird. 2015 hat der außenpolitische Sprecher der FPÖ Johannes Hübner (FPÖ) ägyptische Islamisten aus dem Umfeld der Muslimbruderschaft ins österr. Parlament eingeladen, darunter auch einen Vertreter einer Terrorgruppe.

Für Kopfschütteln und Irritationen hat FPÖ-Landesrat aus Oberösterreich Manfred Haimbuchner gesorgt, welcher im Jänner 2023 eine Delegation der nationalistisch-islamistischen Milli Görüs-Ableger empfangen hat. Ob aus Naivität, Kalkül oder Unwissenheit sei dahingestellt, solche Signale kommen weder bei der Kernwählerschaft der FPÖ gut an und noch weniger bei Bürger*innen mit Migrationshintergrund, welche mit reaktionären Ablegern gesteuert aus den Herkunftsländern nichts am Hut haben. 

Der FPÖ bringen solche Aktionen außer Häme, Spott und Gegenwind nichts, denn aus diesem Lager der Migranten wird die FPÖ keine Wählerstimmen lukrieren, denn diese gehen zu einem Großteil an die SPÖ. 

Den einzigen Nutzen aus solchen Begegnungen ziehen einzig und allein die Ableger aus dem Lager dieser nationalistisch-islamistischen Gruppierungen, weil sie in die eigene Community hinein Signale senden und daraus die Legitimation ableiten, dass ihre Vertreter überall empfangen werden und in den Dialog treten und somit erfolgreiche Lobbyarbeit machen. Unter dem Deckmantel der Toleranz und des interreligiösen Dialoges lässt sich augenscheinlich jede gutgemeinte Dummheit legitimieren.

Die Grünen – Gefangen zwischen Realität und Ideologie

Die Grünen sind ein treibender Motor, wenn es um die Diskussion, bezüglich Auflockerung zum Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft geht. Auch die Grünen erhoffen sich, wie die politische Linke insgesamt, dadurch neues Wählerpotenzial zu bekommen. Jedoch verkennen die Grünen, dass gerade viele Migranten sehr konservative bis nationalistische Einstellungen haben und gerade die Politik, wofür die Grünen eigentlich stehen, zwar den Migranten gegenüber wohlwollend ist, jedoch diese nicht in dem Ausmaß von der Mehrheit der Migranten goutiert wird, wie es seitens der Grünen erhofft wird. Daher ist die Forderung der Grünen eine Auflockerung beim Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft und auch die Doppelstaatsbürgerschaft zu ermöglichen, unter dem Aspekt neues Wählerpotenzial zu erlangen, eine politische Selbsttäuschung und Illusion. 

Bei der Einführung einer flächendeckenden Doppelstaatsbürgerschaft, im Sinne der Grünen, würde die politische Schizophrenität noch deutlicher zum Vorschein kommen. Bei den Wahlen in Österreich würden viele Stimmen an die SPÖ und teilweise zu den Grünen gehen und bei den Wahlen im Herkunftsland (Bsp: Bosnien, Türkei, Albanien, Tschetschenien, usw.) an islamistisch-nationalistische Parteien. 

Die politischen Parteien buhlen um die Gunst der Wähler und Linke haben meistens überhaupt wenig Ahnung über Menschen mit Migrationshintergrund. 

Es wird unter dem Deckmantel der Humanität, der Toleranz und der unantastbare Würde eines jeden Menschen, von der Linken gerne unter den Teppich gekehrt, dass die Linke genauso rassistisch ist, wie die Rechte, weil die Linke nicht versteht, dass Menschen mit Migrationshintergrund genauso Säkularismus mögen, dass Menschen mit Migrationshintergrund sich genauso Sorgen um hohe Inflation, Teuerung, Sicherung von Arbeitsplätzen, usw. machen und weil sie das nicht verstehen, wird diese Linke immer versuchen, diese potenzielle Wählerschaft auf der Ebene der Ethnie, der Rasse, der Religion, der Kultur und Tradition die Migranten anzusprechen und zu erreichen und dies ist durch und durch rassistisch, jedoch von der kaum erwarteten Seite, der Linken. 

Die Erwartungshaltung der Grünen zu meiner politischen Zeit als Abgeordneter (2008 – 2015) war genau in diese Richtung. Ich habe nie diese Erwartungshaltungen erfüllt, da ich meine Politik nicht anhand von Rasse, Religion und Kultur ausgerichtet habe, sondern anhand von progressiven Werten, säkularen Haltungen und unabhängig von ethnischer Herkunft. Immer unter dem Motto: „Das Verhalten zählt. Nicht die Herkunft“, dies habe ich auch in meinem Buch (Leykam Verlag 2017) breiter thematisiert. Diese Ausrichtung hat zu massiven Verwerfungen mit der Partei geführt.

Welche Auswirkungen die demographische Entwicklung bis jetzt auf Teilbereiche unserer Gesellschaft und unsere Sicherheitsstrukturen bereits hat, habe ich anhand des österreichischen Bundesheeres in folgendem Beitrag versucht zu skizzieren: „Wehrhaftigkeit Österreichs anhand der demografischen und gesellschaftlichen Entwicklungen“

Sollte die Forderung nach Einführung einer Doppelstaatsbürgerschaft erfolgen, dann wird sich für nicht wenige männliche Eingebürgerte die Frage stellen, auf welcher Seite sie im Ernstfall kämpfen werden. Bei den Erdogan-Ablegern in Österreich wissen wir es bereits, diese sehen sich als Soldaten Erdogans, wie man den Pro-Erdogan-Demonstrationen 2015 auf den Wiener Straßen und in anderen Teilen von Österreichs den Schlachtrufen entnehmen konnte.

NEOS – Ein unbeschriebenes Blatt 

Neben SPÖ und Grüne können sich auch die NEOS einen leichteren Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft vorstellen. Die NEOS argumentieren diese Forderung mit der Bindung von besser qualifizierten Neo-Staatsbürgern an die Republik Österreich und den dadurch besseren Arbeitsmarktchancen und gesellschaftlich-sozialen Aufstiegsvoraussetzungen. 

Die NEOS haben in den Migranten-Communities in Österreich kaum an Bedeutung und Gewicht, obwohl von reaktionären Migrantenvereinen und Verbänden entsendete Personen den Versuch gestartet haben diese zu unterwandern. 

Die NEOS haben eine Sensibilität und gebotene Vorsicht entwickelt, nicht dieselben Fehler, wie die SPÖ zu begehen, um als Einfallstor und Plattform für Personen und Gruppierungen zu werden, welche den Werten der eigenen Partei diametral entgegenstehen und die Partei dafür missbrauchen, um ihre eigene Agenda in die politische Diskussion zu werfen.

Die Forderung der NEOS den Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft zu lockern, würde der eigenen Partei keinen strategischen Mehrwert und erkennbaren Nutzen bringen. Diese Forderung der NEOS dürfte primär als Koalitionsfriedensmaßnahme auf Ebene der Wiener Landespolitik mit dem Koalitionspartner SPÖ gesehen werden. 

Migrantenparteien in Österreich

Die SPÖ fungiert als Sammelbecken, Einfallstor und Plattform für Personen und Gruppierungen, welche den Werten der eigenen Partei meist diametral entgegenstehen und die Partei dafür missbrauchen, um ihre eigene Agenda in die politische Diskussion zu werfen. Diese Vorgehensweise hat Auswirkungen auf bestimmte gesellschaftspolitische Entwicklungen in Österreich. 

Ausgestattet mit Erfahrung, Netzwerken und diversen Unterstützungsleistungen aus den Herkunftsländern und seitens der alten politischen Heimat SPÖ, etablieren sich aus einem Emanzipierungsprozess heraus neue Parteien, deren Zusammensetzung primär aus Personen mit Migrationshintergrund und reaktionären Werthaltungen, getarnt im Kleid der Diversität, Toleranz, Multikulti und religiösen Vielfalt, neuformieren. 

Dieses Phänomen beschränkt sich nicht nur auf Wien, sondern ist mittlerweile in vielen europäischen Städten beobachtbar und dokumentiert. Diese Entwicklung hat bereits dazu geführt, dass Personen mit nationalistisch-islamistischer Vergangenheit erfolgreich Parteien gegründet haben, welche pro islamistisch-gesellschaftliche Positionen in die öffentliche Debatte einbringen und jegliche Kritik an diesen Tendenzen als islamophob diffamieren. 

Diese Entwicklung führt dazu, dass zum Beispiel türkische Nationalisten/Islamisten durch ihren hohen Organisiertheitsgrad sowie zahlenmäßigen Anzahl die Hürden für den Einzug in Gemeinderäte, Landtage und Nationalrat mit der verschleierten Unterstützung aus den Herkunftsländern und den bereits in Österreich ansässigen Ablegern, ohne größere Anstrengungen auch in Zukunft noch verstärkter schaffen werden können. 

Diese Personen sind eigentlich Rechtsextreme und/oder Islamisten mit Migrationshintergrund von linker Seite, weil die Linken, insbesondere die SPÖ, diese hochgezüchtet, ihnen eine Plattform gegeben haben und noch immer nicht verstehen, was sie da in den letzten Jahren und Jahrzehnten für einen Schaden an der Republik, Gesellschaft und der Politik angerichtet haben.  

All diese Aspekte und Auswirkungen sollten bei der Diskussion, bezüglich der Auflockerung zur österreichischen Staatsbürgerschaft in Erwägung gezogen werden. Wem nützt es etwas, welche Entwicklungen wird eine derartige Forderung auf unser Staatsgefüge und die demokratischen Entscheidungsprozesse sowie die inhaltliche Agenda in der alltäglichen politischen Diskussion haben? 

Mit rechtsstaatlichen Mitteln sind bereits eingetretene Fehlentwicklungen, insbesondere die Umtriebe der islamistischen Gruppierungen in Europa und Österreich, aufgrund der selbstverschuldeten Unmündigkeit der Entscheidungsträger, nicht mehr einzufangen. Ab jetzt geht es um Schadensbegrenzung!


[1] www.soez.at/mag_stephan_bartunek (20.02.2023)

Von Efgani Dönmez
EFGANİ DÖNMEZ Projektmanagement – Abgeordneter zum Nationalrat a.D.

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