EFGANİ DÖNMEZ Projektmanagement – Abgeordneter zum Nationalrat a.D.

Osmanen „Die Türken kommen – Eine kollektive Erniedrigung?“

Der Titel dieses Films, „Die Türken kommen – Das Schwert der Gerechtigkeit“ und deren Vorführung ab Februar 2020 in den österreichischen und anderen europäischen Kinos führt dazu, dass die Vorbehalte, Spannungen und ablehnende Haltung zwischen den in der Diaspora lebenden aus der Türkei stammenden Mitbürgern und der österreichischen Mehrheitsbevölkerung zunehmen werden. 

Es ist historisch betrachtet ein falsches Bild, wenn Osmanen mit den Türken gleichgesetzt werden. Die Osmanen des 16. Jahrhunderts haben sich nicht als Türken gesehen. Fatih Sultan’s Mutter war Sklavin und ihre Herkunft ist bis heute nicht geschichtswissenschaftlich belegbar. In manchen türkischsprachigen Publikationen wird sie als eine serbisch-orthodoxe Christin angeführt, jedoch sind die Quellen wissenschaftlich nicht belegbar.

Der Terminus „Akıncılar“, welcher im Film mehrmals Eingang findet, wurde im osmanischen Heer als die Speerspitzen einer Formation benannt, welche an vorderster Front kämpften und als erste Feindkontakt hatten. Das osmanische Heer bestand unteranderem aus den Elitesoldaten, welche Janitscharen genannt wurden. Diese Elitesoldaten haben ihren Nachwuchs durch Eroberungszüge und der Einverleibung von Kindern, welche sie den Familien „der Ungläubigen“ (Christen, Orthodoxe, uva. – obwohl diese im Islam als Angehörige der Buchreligionen angesehen werden) entrissen und in Form der Knabenauslese für den militärischen Nachschub indoktrinierten, vorangetrieben. 

Derartige seichte Filme sind natürlich Wind in die Segel der Rechten in Europa, den klerikal-faschistischen Strömungen und all jenen Kräften, welche ohnehin Vorbehalte gegenüber Türken und Muslime haben. Die Rechnung werden die in der Diaspora lebenden aus der Türkei stammenden Mitbürger am Arbeitsplatz, in der Schule, bei der Wohnungssuche, indirekt und direkt, zu spüren bekommen. Dies ist den Filmemachern und den politischen Unterstützern aus Ankara ohnehin egal, denn es geht um verantwortungslose Stimmungsmache auf Kosten der in der Diaspora lebenden aus der Türkei stammenden Mitbürger. 

Es wird auch ohne diesen seichten “Osmanen-Film” bei jeder politischen oder teilweise kulturellen Gelegenheit vor “den Osmanen” gewarnt, obwohl im kollektiven Bewusstsein Ängste, Vorbehalte und die Satanisierung der Türken gemeint und vorangetrieben wird. 

Die abwertenden Bezeichnungen sind Bestandteil unseres Kulturgutes geworden, wo in selbstverständlicher Manier 

– der Türkenkopf bei einem Klettersteig, 

– der Türkenschanzpark in Wien, 

– Abbildungen des mit Lauf eines Gewehrs zielenden Osmanen den Betrachter des Bildes, in Repräsentationsräumen einer öffentlichen Institution, ins Visier nimmt und 

– der Purbacher Türke verpackt in eine Legende sowie 

– der Abdruck des “Türkenkopfes” auf der Pummerin im Wiener Stephansdom im kollektiven Unterbewusstsein die Angst und Ablehnung gegenüber „den Türken“ bei jedem Glockenschlag in Erinnerung halten soll

– Publikationen einer ehemals staatstragenden Partei in Form eines Comic-Heftes zur “Türkenbelagerung” unter die Leute gebracht wird

– Veranstaltungen der FPÖ zu 1683 “Türkenbelagerung” und viele andere Beispiele, die Angst und Ablehnung gegenüber den aus der Türkei stammenden Mitbürgern am Köcheln halten soll. 

Auf die heute noch in Verwendung stehenden Schulbücher, wo die „Türkenbelagerung“ unseren Kindern selbst im 21. Jahrhundert noch eingetrichtert wird, ganz zu schweigen. Würde man eine Zeitreise ins 16. Jahrhundert machen und den Osmanen die Frage stellen, ob sie sich als Türken sehen? Dann wäre die Antwort eine ziemliche Überraschung. Der Großteil der Osmanen haben die Türken mehr als verachtet und sich selbst nicht als Türken gesehen!

Dieser entbehrliche Propagandafilm reaktiviert das kollektive Unterbewusstsein, hinsichtlich der Angst um die Invasion durch die Osmanen im 16. Jhdt. und assoziiert für die Gegenwart, dass Europa und Österreich, dieses Mal wieder von den Türken überrannt werden könnte.

Die aus der Türkei stammenden Mitbürger wurden in den 70’er Jahren als Gastarbeiter nach Österreich geholt. Niemand von denen hat ein Interesse Österreich zu erobern.

Die überwiegende Mehrheit der in Österreich lebenden – aus der Türkei stammenden Mitbürger – sehen Österreich und auch die Türkei als ihre Heimat an. Das es Spannungen, Konflikte und Probleme im Zusammenlaben gibt, ist nicht von der Hand zu weisen, jedoch mit solchen Bildern, welche auch noch aus Ankara gefördert werden, stehen die Zeichen sicherlich nicht auf Entspannung.

Ich verstehe mich als Brückenbauer zwischen den Ländern, zwischen den Kulturen und Religionen. Dieses Fundament auf dem die geistigen und wirtschaftlichen Brücken gebaut werden können, liegt im gegenseitigen Vertrauen. Solche Filme und Signale aus Ankara fördern sicher nicht das Vertrauen, ganz im Gegenteil!

Ich bin jemand, welcher versucht beide Seiten zu verstehen und sich den Werten der Aufklärung und Humanität verpflichtet fühlt. Ob zu den Zeiten der Osmanen im 16. Jahrhundert oder im Europa des 21. Jahrhundert, mit dieser Einstellung ist man leider in der Minderheit und man hat es wirklich nicht einfach.

Die aufgeklärten, moderaten Stimmen, welche aus der Türkei abstammen und in Österreich leben, werden kaum bis gar nicht gehört und zwischen den Polen einer falschen Politik aufgerieben und zum Verstummen gebracht. Dieser Film ist ein Paradebeispiel dafür, wie man falsche Politik in Bilder packt!

Von Efgani Dönmez
EFGANİ DÖNMEZ Projektmanagement – Abgeordneter zum Nationalrat a.D.

Archiv

Kategorien

Schlagwörter-Wolke