In der heutigen islamischen Welt – ob in der Türkei oder anderswo – ist ein kritischer Blick auf die Ursprünge und Ausprägungen des Glaubens notwendiger denn je. Besonders brisant ist dabei das Erbe der Umayyaden, das bis heute unter dem Namen des Islam fortlebt – jedoch kaum noch etwas mit den ethischen Grundlagen des Propheten und des Islams zu tun hat.
Die Umayyaden – allen voran Muawiya und sein Sohn Yezid – haben Geschichte geschrieben, aber nicht im positiven Sinne. Unter ihrer Herrschaft wurde der Glaube instrumentalisiert, Gewalt legitimiert und Machtansprüche religiös verbrämt. Das wohl symbolträchtigste Beispiel: Die Ermordung von Hussein, dem Enkel des Propheten Mohammed. Sein abgetrennter Kopf wurde Yezid überreicht, der ihn mit zynischen Worten betrachtete. Dies war nicht nur ein Akt politischer Gewalt – es war ein Wendepunkt, an dem sich eine blutgetränkte Theologie herausbildete, die viele bis heute als „islamisch“ bezeichnen.
Doch ist das wirklich der Islam? – Ursprünge des politischen Islam
Was in Wahrheit entstand, war eine politische Ideologie, getarnt als Religion – eine Theologie der Macht, des Gehorsams, der Unterwerfung. Und bis heute hat diese Denkweise tiefe Spuren hinterlassen, vor allem im sunnitisch dominierten Mainstream-Islam.
Auch viele Aleviten und Schiiten, die sich ursprünglich gegen diese Form des Islams stellten, sind inzwischen – wenn auch unbewusst – in Teilen assimiliert worden. Denn die hegemoniale Deutungshoheit der Umayyaden-Tradition hat sich tief eingebrannt in Rituale, Sprache und Weltbilder.
Besonders tragisch ist dabei der Umgang mit jenen, die sich bewusst von dieser Theologie distanzieren – seien es gläubige Muslime, kritische Geister oder säkulare Denker. Sie werden oft als Atheisten, Deisten oder „gefährlich“ abgestempelt. Doch wer ist hier eigentlich gefährlich?
Wenn wir auf die Missstände schauen – Machtmissbrauch, sexuelle Gewalt, Korruption, moralische Verkommenheit – dann zeigt sich: Die größten Schäden richten oft jene an, die sich am lautesten „religiös“ nennen.
Es ist höchste Zeit, zwischen Glaube und Geschäft, zwischen Spiritualität und Machtpolitik zu unterscheiden. Die Religion darf kein Schutzschild für Unmoral, kein Werkzeug zur Unterdrückung sein.