EFGANİ DÖNMEZ Projektmanagement – Abgeordneter zum Nationalrat a.D.

Integrations(Vereinbarung) ?

Integration. Ein simples Wort welches zu unterschiedlichsten Diskussionen führt und vieler Orts Emotionen hochgehen lässt. Die gegenwärtig geführten Debatten, Gesetzesnovellierungen und Interpretationen sind Beweis dafür, dass dieses Thema uns noch lange beschäftigen wird und dies zu Recht. Denn Integration darf und kann nicht als letztendliches Ziel verstanden werden. Integration ist vielmehr ein Prozess, welcher keinen Anfangs- und Endpunkt hat. Es ist vielmehr als toleriert und akzeptiert zu werden. Esbedarf einer ziemlichen Ausdauer, menschlichen Einfühlungsvermögens und der Achtung vor anderen Menschen und deren Problemen.

Aufgrund der Komplexität des österreichischen Fremden- und Asylrechts möchte ich mich auf den Bereich der Integrations-(Vereinbarung) beschränken.

Für jeden rationell denkenden Menschen ist es überflüssig das Wort „Vereinbarung“ zu erläutern. In diesem Kontext der Integrations-(Vereinbarung) halte ich es jedoch für angebracht einen kurzen Exkurs zu tätigen. Eine Vereinbarung beinhaltet die Zustimmung zweier Parteien zu einem Vertrag oder einer Übereinkunft. Es stellt sich die berechtige Frage mit wem denn diese Integrationsvereinbarung im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz unter §§14-16 vereinbart wurde?

Fremde und MigrantInnen haben keine Interessensvertretungen, keine Kammern und keine Lobby. Sie werden von der Fremdenpolizei, den Asylbehörden, Ländern und deren Abteilungen (Staatsbürgerschaftsabteilung, Sozialabteilung, Magistraten und deren neu im Zuge des novellierten Fremdenrechts eingerichteten Abteilungen) „verwaltet“. Der Zuzug wird durch Quoten und Verordnungen des Ministeriums für

Quelle: http://www.edition-staeck.de/

Wirtschaft und Arbeit im Einvernehmen mit den Sozialpartnern geregelt.

Als SozialarbeiterIn in Beratungsstellen und Wohnheimen für MigrantInnen und AsylwerberInnen stößt man schnell auf seine Grenzen, wenn man versucht die gesetzlichen Regelungen und Bestimmungen annähernd plausibel den Menschen zu erklären. Die Integrationsvereinbarung ist genauso geprägt wie das gesamte Fremdengesetz von Ausnahmen und Detailvereinbarungen.

Können Sie sich vorstellen in 75 Stunden die Gründzüge in chinesischer, russischer oder arabischer Sprache zu erlernen? Von den Neuzugewanderten wird dies unter Androhung von Sanktionen bei negativem Resultat verlangt. Die Sanktionen reichen von Geldstrafen bis zu 280€ und Aufenthaltsbeendigenden Maßnahmen, welche in logischer Konsequenz den Entzug der Existenz in Österreich bedeutet.

Die Integrationsvereinbarung (IV) verpflichtet Neuzugewanderte, welche ab dem 01.Jänner 2006 nach Österreich zugezogen sind einen Deutschkurs zu besuchen und eine positive Deutschprüfung zu absolvieren. Dieser verpflichtende Deutschkurs gliedert sich in zwei Module.

Das Modul I Alphabetisierungskurs umfasst 75 Stunden und das Modul II Deutschkurs in der Stufe A2 des Europäischen Referenzrahmens[1] umfasst 300 Stunden und beinhaltet eine Abschlussprüfung auf dem Niveau des Europäischen Referenzrahmens.

Alle Drittstaatsangehörigen[2] sind verpflichtet, welche ab dem 01.Jänner 2006 nach Österreich zugezogen sind die IV einzugehen.

Ausgenommen sind:

  • EWR-Bürger und deren Angehörige, wenn sie keiner Niederlassungsbewilligung[3] für Ihren Aufenthalt unterliegen.
  • Kinder die zum Zeitpunkt des Zuzugs unter 9 Jahre sind
  • Alte und kranke Menschen, denen die Erfüllung der IV nicht zugemutet werden kann
  • Personen die keinen Aufenthaltstitel nach dem NAG haben (Asylwerber, Konventionsflüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte)
  • Zuwanderer, deren Aufenthalt nicht länger als 12 Monate innerhalb von 24 Monaten dauert. Diese Personengruppe ist von einem Verlängerungsantrag für den weiteren Aufenthalt ausgeschlossen.

Die Verpflichtung zur Erfüllung der IV entfällt, wenn

  • Ein Nachweis über die Kenntnisse des Lesens und Schreibens vorgelegt werden kann bei anerkannten Instituten, welche eine Zertifizierung des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) Inne haben.

·Mindestens fünfjähriger Besuch einer Pflichtschule in Österreich sowie der positive Abschluss im Fach “Deutsch” oder der positive Abschluss im Fach “Deutsch” auf Niveau der neunten Schulstufe

·Positiver Abschluss im Fach “Deutsch” an einer ausländischen Schule (Niveau der neunten Schulstufe)

·Nachweis ausreichender Deutschkenntnisse (Kurs A-2 Level)

·Nachweis eines Schulabschlusses, der der allgemeinen Universitätsreife oder einem Abschluss in einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht

·Lehrabschlussprüfung gemäß dem Berufsausbildungsgesetz

Die Kosten werden vom Bund ersetzt, wenn der Abschluss des Modul I Alphabetisierungskurs innerhalb eines Jahres erfolgt. Für nachgezogene Familienangehörige gibt es eine Beteilung von 50%, wenn der Abschluss innerhalb von 2 Jahren erfolgt.

Die oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen werden als Integrations-(Vereinbarung) bezeichnet. Ich nehme an, dass es keiner besonderlichen Ausführungen in einer Zeitschrift für SozialarbeiterInnen bedarf, um deutlich zu machen, dass Integration mehr als nur verpflichtende Deutschkurse unter Androhung von Sanktionen sind. Wie ich bereits eingehend erwähnt habe ist Integration als ein Prozess zu verstehen, welche keine „Einbahnstraße“ ist. Ich vertrete die Meinung dass unsere Aufgabe als SozialabeiterInnen darin besteht, MigrantInnen vor Augen zu führen, dass der Erwerb der Sprache Ihnen mehr Chancen in allen Bereichen eröffnet und Sie dadurch auch ihre Rechte besser einfordern können. Andererseits ist auch zu betonen, dass die Mehrheitsgesellschaft Ihren Beitrag dazu erfüllen muss, denn wenn in Zeitungsinseraten trotz Diskriminierungsverbot, Inserate mit keine Ausländer, nur für gebürtige Österreicher, usw. inseriert wird oder jungen MigrantInnen & Österreichern mit unterschiedlicher Herkunft der Eintritt in Lokalitäten verweigert wird, dann verstehe ich es auch als Aufgabe von SozialabeiterInnen hier für Aufklärung zu sorgen.

Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen werden noch immer von der Politik gestaltet und bestimmt. Hier wäre es angebracht unsere sozialarbeiterische Tätigkeit als „Brückenbauer“ und Vermittler zwischen der österreichischen Bevölkerung und den MigrantInnen sowie der Politik zu verstehen.

Durch die jahrelang ungelösten Migrationsfragen und halbherzigen Versuche Parallelgesellschaften zu vermeiden wird Migration unter dem Blickwinkel „Problem“ betrachtet, natürlich auf Kosten der MigrantInnen.

Ein gesellschaftliches Umdenken erfolgt dann, wenn Österreich sich offiziell als Einwanderungsland deklariert und Zuwanderer nicht als potenzielle Gefahr darstellt. Wenn gewisse kleinformatige Massenmedien keine hetzenden und polarisierenden Artikel schreiben. Politiker die jegliche Farbenlehre auf den Kopf stellen und die verschiedensten Colleure annehmen, aber inhaltlich voneinander kaum unterscheidbar sind aufhören


[1] Der Europäische Referenzrahmen definiert Niveaustufen die das Sprachkönnen in den Bereichen der Kommunikation und Fertigkeiten sowie der Sprachkompetenz für spezifische Zwecke feststellt.

[2] Drittstaatsangehörige sind Personen deren Herkunftsstaat nicht in der EU liegt.

[3] Niederlassungsbewilligung (NB) ist jene Bewilligung die Drittstaatsangehörigen erteilt wird, welche sich längerfristig in Österreich niederlassen möchten. NB werden immer befristet ausgestellt!

Von Efgani Dönmez
EFGANİ DÖNMEZ Projektmanagement – Abgeordneter zum Nationalrat a.D.

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