Der große Auftritt „des Meister“ Erdogans ist vorbei und die Reden sowie Bilder von der Veranstaltung bestätigten nur die zuvor getätigten Annahmen, dass Erdogan gekommen ist, um türkischen Wahlkampf in Österreich zu betreiben und die Gräben, auf Kosten eines kurzsichtig geführten türkischen Wahlkampfes auch im Ausland, weiter zu vertiefen.
Eindrucksvoll konnten sich die ÖsterreicherInnen selber ein Bild davon machen, dass dies kein “innertürkisches” oder “muslimisches” Problem sei sondern unsere gesamte Gesellschaft tangiert. Das es überhaupt so weit kommen konnte, dafür sind die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP verantwortlich, welche Leute aus dem Umfeld der UETD/AKP in ihren eigenen Reihen hofieren und salonfähig machen.
Resümee der Veranstaltung war, dass Erdogan seine bekannten Botschaften unter seine konservative Anhängerschaft gebracht und die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Österreich und der Türkei massiv strapaziert hat.
Die Türkei sei stark und man könne stolz darauf sein. Man soll sich integrieren und die Sprache des Landes erlernen, um in den Entscheidungsgremien mitzuwirken, damit Entscheidungen auch in seinem Sinne getätigt werden, welch Geisteshaltung dahinter steckt bedarf keiner weiteren Interpretation. Die Warnung vor der Assimilierung in Österreich, welche er der eigenen Bevölkerung in der Türkei jedoch abverlangt, zeugt von seiner Aufrichtigkeit.
Das Vorgaukeln – als ob 77 Millionen Türken in der Türkei hinter ihm stehen würden, wenn er die Grüße der Türken, der im Ausland lebenden Türken, welche “nicht vergessen“ worden sind und „geliebt werden“ (richtiger Weise: “geliebt werden” = Devisen und “nicht vergessen” = Wahlstimme) von Erdogan übermittelt werden.
Die Zwischenfälle bei der Demo, welche von der Polizei als „kleine Scharmützel“ abgetan wurden, führten dazu, dass es angeblich bis zu einem Dutzend Verhaftungen gegeben hat und die türkischen Diplomaten vom Botschafter abwärts alle Hände voll zu tun hatten, um ihre Leute von der Polizeistation rauszubekommen.
Es ist nicht bekannt, welche Themen neben dem “offiziellen Redeauftritt” von Erdogan mit den Leuten aus dem UETD/AKP- Umfeld zur Sprache gebracht wurden und welche Informationen Erdogan von seinen “Beratern” erhalten hat. Eines ist jedoch sicher, das sich niemand für die türkische Kultur und die türkische Geschichte schämt, sondern das es beschämend ist, dass sich eine großartige Nation, wie die Türkei und der türkische Ministerpräsident auf solche Dilettanten als Berater, in seinem Umfeld setzt, insbesondere jene aus der UETD/AKP Österreich. Denn diese Leute haben in den vergangenen Tagen eindrucksvoll bewiesen, dass sie nicht nur dem Ministerpräsident Erdogan und der AKP massiv schaden, indem österr. Medienvertretern und Repräsentanten unserer Republik offen gedroht wurde, sondern auch der offiziellen Türkei.
Durch diese Leute und die Bilder von der Wahlkampfveranstaltung von Erdogan in der Wiener Eishalle wird sich das Image der Türkei kaum ins positive wandeln und die Sympathie gegenüber Türken in Österreich ebenfalls nicht. Diese Leute haben einen massiven Scherbenhaufen hinterlassen und weitere (berechtigte) Angriffsfläche, insbesondere der österr. Rechten, geliefert.
Eines wurde durch die Pro- und Contra-Demonstrationen deutlich ersichtlich, dass das Problem für das Zusammenleben in Österreich die sogenannten konservativen „Kultur- und Moscheevereine“, sind, aber gleichzeitig auch ein Teil der „Lösung“ wären. Die überwiegende Mehrheit der türkischstämmigen BürgerInnen sind nicht in diversen Kulturvereinen und Organisationen, welche mitunter von der Türkei aus gesteuert werden, organisiert. Dies haben die Teilnehmerzahlen an der Demo auch bestätigt. Warum gerade die türkischstämmigen Mitbürger unter den MigrantInnen-Gruppen in Österreich, sich derart im Zusammenleben ausgegrenzt fühlen, dies gilt es kritisch zu hinterfragen. Es war nicht nur Erdogan die diese Menschen in die Eishalle geführt hat, sondern auch die Ausgrenzungserfahrungen, welche von der Schule bis hin zum Arbeitsplatz und dem Wohnumfeld manche tagtäglich erfahren. Daran müssen wir als Gesellschaft arbeiten und Klarheit herstellen, dass dies contra produktiv ist.
Die Bilder der letzten Tage zeigen eines sehr deutlich, dass nicht die Aufenthaltsdauer und die Sprachkenntnisse, sondern die Einstellung der Person, ausschlaggebend für das Zusammenleben in einem Land ist.
Wer in einer islamistisch geprägten Gesellschaft leben möchte, kann dies gerne in einem anderen Land seiner Wahl machen. In Österreich kann und wird es dafür keinen Platz geben, diese Klarheit müssen wir kommunizieren, damit es zu keinen Missverständnissen kommt. Manche unserer zugewanderten Mitbürger müssen sich Gedanken machen, ob sie in alten archaischen Stammesstrukturen, in einem Gottesstaat oder in einem modernen Nationalstaat leben möchten.
Die fundamentalen Eckpfeiler unserer hart erkämpften Gesellschaftsrechte ist die (verbesserungswürdige) Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, die persönliche Freiheit, die Freiheit im Denken, die Meinungs- und Pressefreiheit, die Achtung der Menschenrechte und unsere Rechtsordnung sowie Religionsfreiheit. Wer diese hart erkämpften Freiheiten in Frage stellt, stellt sich selber ins Abseits, dies hat nichts mit Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Islamophobie zu tun sondern einem Verständnis von und für Demokratie.
Die United European Turkish Democrats (UETD) wurde durch die mediale Aufmerksamkeit nun auch in Österreich einer breiteren Bevölkerung bekannt. Durch den Schaden, welchen sie am Image der in Österreich lebenden, aus der Türkei stammenden Bevölkerung für die nächsten Jahre hinweg angerichtet hat, können sie sich ohne schlechtem Gewissen auf United European Turkish Dilettants (UETD) umbenennen, denn mit Demokratie haben diese Geisteskinder wenig am Hut.