EFGANİ DÖNMEZ Projektmanagement – Abgeordneter zum Nationalrat a.D.

Das Verhältnis zwischen Orient und dem Westen

Ab dem späteren 18. Jahrhundert wurde das damalige Osmanische Reich zum Spielball europäischer Interessen.

Der Zerfall der Imperien mündete nach dem Ersten Weltkrieg in die Neugestaltung des Nahen Ostens durch die Siegermächte, welche damals schon den Grundstein für die gegenwärtigen Konflikte legten. Die willkürliche Grenzziehung seitens der Siegermächte entlang von jahrhundertelang gewachsenen Ethnien, Stämmen und Konfessionen entpuppte sich zu einem Pulverfass.

Ein interessanter Aspekt aus der Geschichte sollte uns insbesondere in der polarisierten, angespannten Zeit wie dieser, was das Verhältnis zwischen Österreich und der Türkei anlangt, in Erinnerung gerufen werden.

Bis 1790 sah kaum jemand einen schroffen Gegensatz zwischen den kulturellen Sphären zwischen Orient und Okzident, noch weniger eine sich ausschließende Unvereinbarkeit oder gar einen Zusammenprall der Kulturen, trotz der osmanischen Belagerung um 1683. Was war passiert? Klemens Lothar von Metternich, damaliger Außenminister von Österreich, wollte das Osmanische Reich unbedingt als gleichberechtigten Partner im europäischen Staatensystem festigen. Fast hundert Jahre später ist die Türkei Mitglied des Europarates und seit 1996 Mitglied der europäischen Zollunion.

Am 11. 12. 1999 bekam die Türkei offiziell den Status eines Beitrittskandidaten zuerkannt. Diese Beziehung war jedoch nie von gegenseitiger Aufrichtigkeit getragen. Die Türkei unter der AKP-Führung nutzte die Beitrittsgespräche dazu, die starke Vormachtstellung des türkischen Militärs, jene letzten Hüter, welche über die Trennung von Staat und Religion wachten, gemeinsam mit den Leuten von der Gülen-Bewegung zu demontieren, um die Islamisierung der Gesellschaft voranzutreiben. Im Gegenzug war es nie im Interesse der EU, die Türkei als vollwertiges Mitglied aufzunehmen. Warum auch, denn die Türkei ist das einzige Land, welchem vor einem EU-Beitritt eine Mitgliedschaft in der Zollunion ermöglicht worden ist. Welches Interesse sollte die EU für einen Beitritt der Türkei haben, diesem Land volles politisches Mitspracherecht einzuräumen?

Diese beidseitige Unaufrichtigkeit hat zu großen Zerwürfnissen geführt. Das Ergebnis ist, dass Erdogan die osmanische Geschichte nun umschreibt und die Türkei Richtung Saudi-Arabien führt. Bei allen Problemstellungen zwischen der EU und der Türkei unter dem derzeitigen Präsidenten Erdogan dürfen die politischen Entscheidungsträger nie vergessen, bevor man eine Türe schließt, muss man überlegen, was bei einem späteren Öffnen dahinter sein könnte. Was sich da vor der Haustüre Europas zusammenbraut, darf uns mit Blick auf den Balkan mit dem klerikal-faschistisch salafistischen Einfluss nicht kalt lassen.

Von Efgani Dönmez
EFGANİ DÖNMEZ Projektmanagement – Abgeordneter zum Nationalrat a.D.

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