Die Phase, in der junge türkische Talente hoffnungslos in die Zukunft blicken, fällt in eine Zeit, in der Österreich sie am meisten braucht. So beginnt 62 Jahre nach dem Raab-Ohla-Abkommen (1961) der damaligen österreichischen Bundesregierung zur Gastarbeiteranwerbung erneut eine neue Dynamik der Zuwanderung.
Noch vor der Sommerpause des Nationalrates hat es wieder Diskussionen um die qualifizierte Zuwanderung nach Österreich gegeben, um den drohenden Arbeitermangel zu begegnen, wurde die Dringlichkeit vom IV-Präsidenten auch in einem Ö1-Beitrag unterstrichen.
Es war natürlich ganz schwer für die Politik vorhersehbar, dass wir aufgrund der demografischen Entwicklung über kurz oder lang massive Probleme in den unterschiedlichsten Sektoren der Wirtschaft und Gesellschaft bekommen werden (Vorsicht: Ironie!).
Spätestens jetzt müsste jeder erkennen, dass man mit Heuchelei und Propaganda sowie dem Schielen auf täglich sich ändernde Umfragen nur kurzfristige, inhaltsleere Politik betreiben kann. Dies ist nur die Spitze des Eisberges und der Scherbenhaufen, welcher hinterlassen wird, wird insbesondere durch die doppelbödige Zuwanderungspolitik täglich nur größer!
Österreich will und muss für ausländische Fachkräfte attraktiver werden. Defacto haben wir jedoch seit 1961 überwiegend eine Armutszuwanderung nach Österreich. Die Gründe hierfür sind hausgemacht und selbstverschuldet, Stichwort Bremsen bei der Freizügigkeit für Arbeitskräfte aus den neuen osteuropäischen Mitgliedsstaaten, Zuwanderung von bildungsfernen Migranten, hohen Asylanträgen und kaum stattfindenden Aberkennungen bei Missbrauch, usw.
Nach Einschätzung des Wirtschaftskammerpräsidenten Harald Mahrer kostet uns der Arbeitskräftemangel bis 2040 150 Milliarden Euro. Wir benötigen mittlerweile nicht nur Fachleute, sondern jede arbeitswillige Person, selbst ohne Qualifikationen, wegen der Überalterung der Bevölkerung. Wir brauchen diese vor allem in den Bereichen IT, Pharmazie, Architektur, Medizin, Bauwesen, Fahrzeugtechnik, Alten-, Kinder- und Krankenpflege sowie im Bus- und Lkw-Fahrergewerbe. Das Nivellieren nach unten ist bereits in vielen Sektoren und Bereich in vollem Gange auch wenn es niemand offen aus-, und ansprechen möchte. Ob in der Schule, in den Betreuungs-, Pflegeeichrichtungen, im Bauwesen oder auch in der Gastronomie sowie im Sicherheitsbereich, siehe Herabstufung der Aufnahmepunkte und Kriterien für die Exekutive, usw..
Teile der ÖVP und die FPÖ kritisieren nicht ganz unberechtigt, dass gelockerte Zuwanderungs- und Aufenthaltsbedingungen einen weiteren Pull-Effekt, insbesondere bei Asylwerbern auslösen könnte. Gerade diese Form der Zuwanderung möchte man ja auf europäischer und nationalstaatlicher Ebene gegen Null drücken.
In vielen Gesprächen erkenne ich eine gewisse Schizophrenie bzw. einen Interessenkonflikt zwischen dem Bedarf an Fachkräften und der Ablehnung/Angst vor Migranten. Der über 30-prozentige Stimmenanteil der FPÖ, bekannt für ihr Weltbild in Fragen der Zuwanderung & Migration, kann teilweise auf den Anstieg der Migrantenzahlen zurückgeführt werden und gibt Anlass zum Nachdenken und einer tiefergehenden öffentlichen Diskussion, jenseits des Populismus und Aufgeregtheit. Es liegt jedoch auf der Hand, dass in Österreich, in dem bis 2034 45% der im öffentlichen Dienst stehenden Menschen in Pension gehen werden. In der Privatwirtschaft sind 29,7% Menschen älter als 50 Jahre und werden in den nächsten 15 Jahren aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden. Diese sich auftuende Lücke wir nicht mit eigenem Arbeitskräftepotential aufgrund der demografischen Entwicklung befüllen werden können.
Deshalb sollten wir uns Gedanken machen, dass wir die Zuwanderung aus Ländern wie der Türkei, die über eine gut ausgebildete junge Bevölkerung verfügt, fördern. Eines ist traurige Gewissheit, die jungen Türken und Türkinnen zieht es verstärkt ins Ausland, weil die islamistische Regierung ihnen jegliche Perspektiven für eine gute Zukunft geraubt hat.
Es ist nur eine Frage der Zeit und des internationalen Wettlaufs um die besten Köpfe der Welt, ob wir es wieder verschlafen oder die gebildeten Auswanderungswilligen für Österreich gewinnen können.
Ein Gewinn für Österreich, ein Verlust für die Türkei. Den jungen Menschen, welche die Türkei verlassen, kann niemand etwas vorwerfen. Sie sind mit einer hoffnungslosen Zukunft konfrontiert: Korruption in Universitäten und auf dem Arbeitsmarkt, niedrige Löhne sowie massive Einschnitte in das alltägliche Leben durch die Islamisten und Zerstörer der türkischen Republik. Die Zugewanderten werden bald nicht nur das Gefüge der türkischen Gemeinschaft in Europa noch mehr verändern, sondern auch die gesamte Bevölkerungsstruktur in vielen europäischen Städten als auch die Wahrnehmung der hiesigen türkischstämmigen Menschen.
Die entscheidende Frage für Österreich ist, wollen wir aktiv gestalten oder wieder alles an uns vorbeiziehen lassen, damit am Ende wieder nur jene an unserer Türe klopfen, welche nicht gebraucht werden?