EFGANİ DÖNMEZ Projektmanagement – Abgeordneter zum Nationalrat a.D.

Aufeinander Zugehen – Begegnungen mit der Religion

Als Sozialarbeiter im Flüchtlings und Migrationsbereich sowie als türkischstämmiger Österreicher begegne ich vielen Menschen mit unterschiedlichen Religionszugehörigkeiten und Kulturen.

Menschen die in unterschiedlichen Lebenslagen sind, unterschiedliche subjektive Wahrnehmungen haben und dementsprechend auf die Realität in einer spezifischen Art & Weise reagieren. Nun möchte ich eine der aufgeworfenen Fragen bearbeiten:

Wie groß ist die Diskrepanz zwischen Vision und Realität?

Eine Diskussion über Religionen zu führen und die dahinter stehenden Wertvorstellungen unbeachtet zu lassen würde in eine Sackgasse führen. Es erscheint wichtiger den je, über Werte, Normen und Formen des Dialogs sowie des Umganges miteinander zu sprechen, in einer Zeit in der vieles im Umbruch ist. Die Herausforderungen der Globalisierung, die immer größer werdende Kluft zwischen Arm & Reich, das Auseinderbrechen gewohnter Lebensformen verunsichern die Menschen. Auf diese Entwicklungen gibt es unterschiedliche Antworten, je nach dem welche Interessen man verfolgt. Die Wertvorstellungen sind meist mit dahinter stehenden Interessen verknüpft. Ein breites Betätigungsfeld für Populisten.

Daher möchte ich mich dem heutigen Thema aus einer gesellschaftspolitischen Perspektive annähern, denn die gegenwärtige öffentliche Diskussion führt uns vor Augen, dass eine Annäherung an das Thema nicht nur vom Standpunkt der Religionen aus gemacht werden kann.

Die europäische Rechte von pro Köln/pro NRW, FPÖ, Vlaams Belang, Front National und anderer europäischer Rechtsparteien formieren sich und suchen nach einem gemeinsamen Feindbild. Den Islam als neues äußeres Feindbild zu erklären und dagegen zu polemisieren lässt die rechten Kameraden noch enger zusammenrücken.

Es liegt klar auf der Hand, dass gesellschaftliches Zusammenleben sich in einem Rahmen bewegen muss der von so vielen Individuen wie möglich mitgetragen wird. Dies setzt jedoch voraus das jeder/e sich partizipieren kann und mitbestimmen kann. dh. Bürgerrechte erhält.

Was wird benötigt um ein gelingendes Zusammenleben zu ermöglichen?

Kein ernst zu nehmender Versuch zur Regelung menschlicher Belange, zur Schaffung des Weltfriedens, kann die Religion außer Acht lassen. Dass die „Perversion“ der Religion durch den Menschen beträchtlich zu der Verwirrung in der Gesellschaft und den Konflikten in und zwischen den Menschen beigetragen hat, kann kaum geleugnet werden.

Aber ein objektiver Betrachter kann auch den entscheidenden Einfluss der Religion auf die lebendigen Ausdrucksformen der Kultur nicht unberücksichtigt lassen. Religiöser Fanatismus hat mit der vitalen Kraft, durch die Religionsstifter in allen Epochen der Menschheit geistige Erneuerung brachten, nichts zu tun.

Er ist eine Ausgeburt egozentrischen Machthungers und als solcher mit den Mitteln geistiger Auseinandersetzung und Aufklärung zu beseitigen.

Eine weitere Frage war:

Welche Regeln braucht eine gute Kultur des Dialogs?

Zur Errichtung einer guten Kultur des Dialogs sowie eines dauerhaften Friedens müssen soziale und wirtschaftliche Grundprobleme der Menschheit mutig in Angriff genommen werden.

Ohne die Beseitigung von Rassismus, Fanatismus, ungezügeltem Nationalismus, ohne einen Ausgleich zwischen den Extremen von Armut und Reichtum, die Emanzipation der Frau, universale Erziehung oder einer weltweiten Kommunikation in einer gemeinsamen Sprache und Schrift (zusätzlich zur Muttersprache), kann dieses Ziel nicht erreicht werden.

Die Ablehnung von Vorurteilen

Vorurteile gegenüber anderen Rassen, Religionen, Klassen und Nationalitäten verzögern die Entwicklung der menschlichen Einheit. Eine durch das Recht aller Länder anerkannte Gleichwertigkeit der Menschen ist notwendig.

Einheit der Religionen – Einheit der Menschheit

Alle Religionen entstammen einem göttlichen Ursprung. Jeder Offenbarer wurde von Gott mit einer bestimmten Sendung betraut. Jeder von ihnen – Moses, Krishna, Buddha, Zoroaster, Christus und Mohammed brachten der Menschheit die Lehren, die jeweils ihren Bedürfnissen und ihrer Fassungskraft entsprachen. Alle großen Religionen der Welt lehren, dass es nur einen Gott gibt. Sie alle lehren, dass Anbetung, Liebe und Dienst für den einen Gott zum Glück des Menschen führt. Gott zu erkennen, in seine Gegenwart zu gelangen und ihn zu lieben, ist das höchste Ziel des Menschen. Dies sind universelle, verbindende Gesetzesmäßigkeiten.

Die Religionen sind vielfältig in ihrem Erscheinungsbild, aber gleich in ihrem Kern. Wenn wir dieses Bewusstsein den Menschen vermitteln, dann wird der Dialog zwischen den Religionen und Kulturen bereichert. Es sollte nicht das Trennende im Vordergrund stehen sondern das was uns verbindet. Wie man erkennt strebt der Mensch nach diesen universellen Gesetzmäßigkeiten, jedoch der Weg ist ein unterschiedlicher und solange sich alle auf dem Weg befinden werden wir gemeinsam unser Ziel erreichen.

Jedoch gibt es Entwicklungen die leider auch ein anderes Ziel verfolgen. Ein aufstrebender Nationalismus, Fanatismus und Terror verwandelt den Weg in ein Labyrinth und das angestrebte Ziel verliert sich aus den Augen. Umso wichtiger ist es den Menschen, der Gesellschaft einen Rahmen anzubieten in dem es sich zu bewegen gilt, denn ein friedliches Zusammenleben ohne ein Regelwerk würde einer ungeregelten Verkehrskreuzung gleichen. Die über kurz oder lang zu einer Kollision der Verkehrsteilnehmer führen wird.

Ein Regelwerk, egal in welcher Gesellschaft, welches auf Nationalismus, Fanatismus oder sonstiger sozialer Benachteiligung und Ausgrenzung beruht wird, trotz vorhanden seins von Regelstrukturen, zu einer Kollision führen. Man werfe nur einen Blick auf die Unruhen in Frankreich, aufkeimender Nationalismus und Rechtsextremismus in Europa, die Millionen von Flüchtlingsbewegungen auf der ganzen Welt bis hin zu der extremen Ungleichverteilung von Ressourcen, Finanzmittel, Nahrungsmittel, usw…

Als Sozialarbeiter, Lehrer oder gesellschaftspolitisch denkender Mensch gilt es Verantwortung zu übernehmen, um einen Rahmen und Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen, damit man in Dialog treten kann. In einer sich immer zunehmend vernetzenden Welt und von Globalisierung getriebenen Zeit wird es notwendiger denn je sein die Herausforderungen, Probleme und Handlungsansätze differenziert zu betrachten.

Genau so wie den Islam. Es gibt nicht den Islam, sondern unterschiedliche Ausformungen, Schiiten, Sunniten, Wahabiten, Aleviten, Bahai, usw…auch ist zu differenzieren in welchem Land der Islam gelebt wird. Der Islam im Iran unterscheidet sich vom Islam in der Türkei und der Islam in Europa unterscheidet sich wiederum vom Islam im Orient. Insofern kann die letzte Frage: Gehen Islam und Demokratie zusammen? nicht so leicht beantwortet werden.

Ich denke schon das der Islam in Europa und die Demokratie kein Widerspruch in sich sind, denn alle Beteiligten vom gläubigen Moslem und dem Islam als Religionsgemeinschaft sowie die westliche Gesellschaft beeinflussen sich gegenseitig und haben die Möglichkeit sich zu entwickeln. Wie und in welche Richtung sie sich entwickeln, hängt von den beteiligten Akteuren ab.

Der Islam in der Türkei ist in der Renaissance. Ein kleines Beispiel: Durch die konträre Haltung der EU gegenüber der Türkei bezüglich der Aufnahme in die EU haben die konservativen Kräfte einen Aufschwung erhalten, welcher nun in eine Islamisierung umschlägt.

Der Islam wie er im Iran praktiziert wird ist menschenverachtend und entbehrt jeglichen Versuchs diesen auch nur ansatzweise in die Nähe einer Demokratie zu bringen.

Ich persönlich habe meinen eigenen Weg zur Spiritualität gefunden und dieser lässt im folgenden Satz zum Ausdruck bringen:

„Verkehret mit den Anhängern aller Religionen im Geiste des Wohlwollens und der Brüderlichkeit.“

Von Efgani Dönmez
EFGANİ DÖNMEZ Projektmanagement – Abgeordneter zum Nationalrat a.D.

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