EFGANİ DÖNMEZ Projektmanagement – Abgeordneter zum Nationalrat a.D.

Säkularer Moslem mit alevitischen Wurzeln

Ich setze mich für die Trennung von Staat und Religion ein. Aber das hat nichts damit zu tun, dass ich Alevite bin – von Efgani Dönmez

Der grüne Bundesrat Efgani Dönmez antwortet auf Hans Rauschers Einserkastl “Burka-Verbot” vom 3.12.2009.

Egal, welcher Religion man angehört: Herabwürdigung gehört entschieden in die Schranken gewiesen. Seit Jahren breitet sich ein politischer Islam aus. Doch das Problem ist nicht der Islam, sondern jegliche Art von politisiertem Glauben.

Ich setze mich für die Trennung von Staat und Religion ein – aber dies hat nichts damit zu tun, dass ich Alevite bin. Unter den Aleviten selbst wird diskutiert, ob das Alevitentum eine eigenständige Religion oder im Islam angesiedelt ist. Ich sehe Zweiteres, und versuche auch nach gewissen Geboten des Islams zu handeln.

Traditioneller und wahrer Islam

Viele Muslime unterscheiden zwischen dem traditionellen Islam, der im auf den Sitten und Gebräuchen des Nahen Ostens beruht, und dem wahren Islam, der im Koran festgehalten ist und durch den Propheten Mohammed verkündet wurde. In Sure 10, Vers 100 heißt es: “Und Gott zürnt denen, die ihren Verstand nicht gebrauchen.” Ich gebrauche meinen Verstand auch als säkularer Moslem mit alevitischen Wurzeln. Ich werde immer entschieden gegen Diffamierungen von Menschen sein, welche Ihren Glauben ausüben möchten, egal ob für die christliche Minderheit in der Türkei oder die Muslime, die im Exil leben.

Die Zurufe in der aktuellen Debatte, vor allem aus den islamisch geprägten Ländern, sind entbehrlich. Es ist vielmehr deren Eigenverantwortung gefordert, da in vielen islamisch geprägten Ländern nicht ein Mindestmaß an Demokratie und Menschenrechte eingehalten werden. Insofern ist kaum verwunderlich, wenn der Islam als Religion in ein falsches Licht gestellt wird und insbesondere säkular eingestellte im Exil lebende Muslime Ablehnung erfahren. Wenn es gelingt, die Trennung von Staat und Kirche in den islamisch geprägten Ländern als oberste Priorität zu verankern, wird sich auch das Bild des Islam im Westen zum Positiven ändern.
Denn der wahre Islam spricht niemandem das Recht zu, ein Beauftragter, Stellvertreter oder Repräsentant Gottes zu sein. Einzig den Propheten steht es zu, im Namen Gottes zu sprechen und zu führen. Und das Recht zur Führung eines Volkes kann nicht von Gott oder per Geburt erlangt werden, sondern nur vom Volk und durch Wahlen.

Menschenrechte in anderen Ländern

Anstatt erbost und trotzig zu reagieren, wäre es in den islamischen geprägten Ländern angebracht, die eigene Situation der Demokratie und Menschenrechte kritisch zu beleuchten. Wo waren die kritischen Stimmen dieser Länder, als in Saudi Arabien aus einem brennenden Haus fliehenden Frauen wieder in das Gebäude zurückgetrieben wurden, weil sie kein Kopftuch trugen? Fast alle kamen dabei ums Leben.

Zum Thema Burka:

Kürzlich hat der Scheikh der Al-Azhar klargestellt, der Gesichtsschleier sei keine islamische, sondern eine kulturelle Tradition. Eigentlich ist die Burka ausschließlich ein von paschtunischen Frauen in Afghanistan und Pakistan getragenes Gewand. Es ist ein lokales, kulturelles Phänomen, hat nichts mit dem Islam zu tun und wird nirgendwo sonst in der islamischen Welt getragen.

In Teilen der arabischen Halbinsel, in Marokko, in Tunesien und in Ostanatolien schwingen die Frauen teilweise in unterschiedlichen Formen und Farben das Kopftuch über den Mund. In Tunesien halten die älteren Frauen bei Wind ein großes Tuch mit den Zähnen fest. Der Gesichtsschleier aber ist ein NIQAB. Es gibt auch Männer im Sahara Gebiet, die Gesichtsschleier tragen, wie etwa die Tuareg und ein Teil der Fulani und Tukulor, um sich vor den Sandstürmen zu schützen. Ein “Burka-Verbot” wie es die Lega Nord, die FPÖ oder der rechtsextreme Vlaams Belang wollen, ist nur Agenda Setting, um ein nicht vorhandenes Problem zu einem solchen aufzubauschen.

Als „gesellschaftlicher Brückenbauer” habe ich Verständnis und Respekt gegenüber jeder Religion und werde massiv gegen eine Politik auftreten, die Religionen diffamiert und instrumentalisiert, um Ängste in der Bevölkerung zu schüren. Gefordert sind aber auch Klarheit und Transparenz. Wir müssen als Gesellschaft definieren, was wir haben möchten und was nicht. Ich möchte keine Strukturen oder Denkweisen in unserem Österreich, welche Frauen ausgrenzen und die Beteiligung am gesellschaftlichen Zusammenleben behindern. Egal ob BurkaträgerInnen oder burschenschaftliche Verbindungen.

Quelle:(red, derStandard.at, 3.12.2009)

Von Efgani Dönmez
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